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Hans Frischholz, Verw.-Oberamtsrat a. D. (+ 2009)

 

RATHAUSBAU – BEGINN VOR 100 JAHREN

BAUGESCHICHTE DES HISTORISCHEN GEBÄUDES - MARKTPLATZ 9

   

aus Streifzüge 8/1989, S.36-60: "Vohenstrauß - 80 Jahre Rathaus"

gekürzt und bearbeitet (Peter Staniczek)

 

Ein stattlicher Bau ist das Rathaus am oberen Marktplatz, das sich als herausragendes historisches Gebäude in der Stadtmitte präsentiert und auf das die Bürger dieser Stadt mit Recht stolz sind. Aber auch für die Besucher von auswärts ist das prächtige Rathaus immer wieder ein Blickfang zusammen mit dem vor wenigen Jahren neugestalteten Rathausvorplatz, der 1979 errichteten sehenswerten Brunnenanlage und dem neuen Baumbestand.

In einem Beitrag über die Baukunst von Vohenstrauß aus dem Jahre 1929 schreibt Guntram Lauterbacher, Regensburg, u. a. über das Vohenstraußer Rathaus:

 „Dann folgt 1909 - 1911 der Neubau des Rathauses durch den Hocheder-Schüler Architekt Hans Brühl aus München, als Ergebnis eines Wettbewerbes. Auch hier wurde mit Rücksicht auf die Friedrichsburg deutsche Renaissance zu Grunde gelegt. Das massige Gebäude mit fünf Achsen, zwei Stockwerken und einem mächtigen Dach, fügt sich ganz der von unten gesehen rechten Straßenseite ein; dadurch, dass sich die beiden vorausgehenden Häuser zu größerer als der gewohnten Höhe erheben, ist eine gute Silhouettenwirkung erreicht. Als hauptsächlichen Schmuck trägt das Rathaus einen durchlaufenden Erker in der Mittelachse, der bemerkenswerter Weise der einzige ausgesprochene Erker in Vohenstrauß ist. Ein idyllischer Hofraum ist abgeschlossen durch ein Wohngebäude, die Gänge und Diensträume sind einfach, aber hell und freundlich. Die eine Hälfte des 2. Stockes enthält einen Festsaal. Die Parterreräume bergen die Postanstalt."

Vor 100 Jahren im Frühjahr 1909 ist mit dem Bau begonnen worden. Dies gibt Veranlassung zu einem Rückblick auf die Baugeschichte dieses imposanten Gebäudes.

   

Stadterhebung abhängig vom Bau eines neuen Rathauses

Die ältesten Bürger unserer Stadt werden sich noch gut an das alte Rathaus am oberen Marktplatz erinnern. Dieses Gebäude, Hs.-Nr. 73, hatte der Magistrat am 13. Dezember 1853 von dem bürgerlichen Handelsmann und Lebzelter Michael Roßmann erworben und 1854 mit der Umgestaltung und Einrichtung des damaligen neuen Rathauses an dem Platz, wo auch das jetzige Rathaus steht, begonnen.

Unser Bild zeigt das alte Rathaus, in dem auch ein Brotladen untergebracht war. Schon zu Beginn dieses Jahrhunderts zeigte es sich, dass dieses Rathaus den Bedürfnissen nicht mehr genügte. Der damalige Magistrat von Vohenstrauß beschloss deshalb 1908, das alte Rathaus abzubrechen und an seiner Stelle ein neues Gebäude zu errichten. Der Kunstbrunnen vor dem Rathaus, eine Nachbildung des Schönen Brunnens zu Nürnberg wurde am 12. November 1933 (Reichstagswahlen, verbunden mit einer Volksabstimmung über die Frage der Billigung des Austritts Deutschlands aus dem Völkerbund) durch ein Kraftfahrzeug schwer beschädigt, worauf sie entfernt wurde. Viele trauern ihm nach.

Bereits im Jahre 1906 wurde wiederholt öffentlich die Forderung erhoben, Vohenstrauß möge sich um die Wiedererhebung zur Stadt bemühen, was den Magistrat Vohenstrauß 1906 zu folgendem Beschluss (s. a. Streifzüge 4/1987, S. 10)veranlasste : 

"... beschließt der Magistrat einstimmig, die alleruntertänigste Bitte zu stellen, seine Königliche Hoheit, Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, mögen geruhen, allergnädigst zu genehmigen, dass der Markt Vohenstrauß die Bezeichnung 'Stadt' führe." 

Der Magistrat musste jedoch noch so manches erfüllen, um mit dem Gesuch auf Stadterhebung erfolgreich zu sein. So erging am 20. Juli 1906 folgende Regierungsentschließung: 

„Für die Würdigung des Gesuches der Marktgemeinde Vohenstrauß um Erhebung zur Stadt wird der Umstand von Belang sein, ob Gewähr besteht, dass in Bälde ... durch die Herstellung eines neuen Rathauses zweckentsprechende und ausreichende Räumlichkeiten ... geschaffen werden." 

Der Magistrat wurde wegen des Rathausbaues sofort tätig und am 16. Februar 1907 konnte schließlich dem kgl. Bezirksamt Vohenstrauß berichtet werden, dass am 11. Februar 1907 das an das Rathausgebäude, Hs.Nr.73, unmittelbar anstoßende Nachbaranwesen, Hs.Nr.74, von der Kaminkehrerswitwe und deren Sohn Johann Baptist Ferazin (Vater des langjährigen Stadtrats Karl Ferazin, gest. 1985) um 30 000 Mk. käuflich erworben und notariell beurkundet wurde. Damit war der erste Schritt für den Rathausneubau getan. Dieser entscheidende Beschluss des Magistrats vom 14. Januar 1907, Nr. 73, wird im Faksimile wiedergegeben:

 

Die kgl. Regierung der Oberpfalz und von Regensburg machte nun mit Entschließung vom 8. Mai 1907 ihre Begutachtung über das Gesuch zur Stadterhebung davon abhängig, dass die Erbauung eines allen Anforderungen entsprechenden Rathauses binnen absehbarer - nicht zu weit gesteckter Frist - sichergestellt wird.

Dabei kam die Regierung zu der Auffassung, dass die in dem magistratischen Beschluss vom 21. März 1907 angegebene Bausumme von 150000 Mk. zu hoch gegriffen sei; 100 000 Mk. dürften wohl genügen. (Anmerkung: 1912 belief sich die Bausumme tatsächlich auf über 200 000 Mk.)

In der Entschließung wird weiter ausgeführt: 

„Für die Herstellung des Entwurfs wird der Verein für Volkskunde und Volkskunst in München empfohlen. Jetzt schon ist eine Verbesserung in der Unterbringung der Löschgerätschaften dadurch herbeizuführen, dass eine Ausfahrt aus dem erweiterten Feuerhaus nach der Schmidgasse (jetzige Rathausgasse) hergestellt wird. Auch für die Unterbringung der Registraturschränke in abgeschlossenen, und für Registraturzwecke bestimmten Räumen sowie für Bereitstellung eines eigenen Standesamtszimmers ist Sorge zu tragen." 

Der Magistrat versicherte am 30.9.1907 dem Kgl. Bezirksamt, dass er die ernsthafte Absicht habe, den Rathausbau im Jahre 1909 zu beginnen und man möge dieser Versicherung Vertrauen schenken.

Die Kgl. Regierung der Oberpfalz bekräftigte am 29.11.1907 noch einmal ihren Standpunkt und unterstrich, dass es im Interesse der Gemeinde liege, wenn sie die Herstellung der Pläne und Voranschläge für den Rat- und Feuerhausbau nach Tunlichkeit beschleunige.

 

Architektenwettbewerb für den Rathausbau 

Der Magistrat beschloss am 18. Dezember 1907: 

"Behufs Erlangung von Entwürfen für den Rathausbau soll ein Wettbewerb von Architekten veranstaltet werden, wozu der uns von hoher Kreisstelle empfohlene Verein für Volkskunst und Volkskunde in München seine Mitglieder einladen wird. Für Preise hat der Magistrat den vom Verein vorgeschlagenen Betrag von 1200 Mk. zur Verfügung gestellt." 

Im Beschluss kam weiter zum Ausdruck, dass mit dem Bau des Rathauses nach Möglichkeit im Frühjahr 1909 begonnen werden sollte.

Der Bayerische Verein für Volkskunst und Volkskunde hatte dann auch im Januar 1908 das Wettbewerbsprogramm zur Erlangung von Entwürfen zu einem Rathausneubau in Vohenstrauß unter seinen Mit-gliedern ausgeschrieben und am 16.2.1908 in folgenden Zeitungen veröffentlicht: Oberpfälzer Kurier, Weiden, Amberger Volkszeitung, Süddeutsche Verlagsanstalt, München, Augsburger Abendzeitung und Vohenstraußer Anzeiger. Als Einlieferungstermin wurde der 15. April 1908, abends 6 Uhr, festgesetzt.

Die Sitzung des Preisgerichtes fand am Mittwoch, dem 22.4.1908, vormittags 8 1/2 Uhr im Studiengebäude des K. B. Nationalmuseums statt. Das Ergebnis des Wettbewerbs ist in einer Aktenvormerkung des Marktschreibers Andreas Windschiegl vom 28.4.1908 wie folgt festgestellt worden: 

"Es liefen 51 Projekte ein, die in den drei Sälen des Studiengebäudes des National-Museums ausgestellt sind. Zum Preisrichteramt gehörten die Herren kgl. Professor Karl Hocheder in München, kgl. Stadtbaurat Grässel in München, kgl. Hofbaurat Handle in München, kgl. Professor Immer sprach in München, Bürgermeister Riebel aus Vohenstrauß, Magistratsrat Winkler aus Vohenstrauß und Marktschreiber Windschiegl aus Vohenstrauß.

Es erhielten den ersten Preis Architekt Hans Brühl, München, St. Paulstraße 2, den zweiten Regierungsbaumeister Otto Leithoff in Freising, den dritten Bauamtsassessor Heinrich Ney in München. Belobigungen bekamen die Arbeiten des Bauamtsass. Anding von Regensburg, z. Zt. in Neustadt a. d. Waldnaab, und die Architekten Oskar Zech, Wilhelm Käh, Martin Mendler und John H. Rosenthal in München.

Der mit dem ersten Preis bedachte Architekt Hans Brühl, ein noch jüngerer Mann, hat sich auch vor kurzer Zeit bei dem Wettbewerb zu dem Bau einer Kirche und Pfarrhaus in Hamburg den dritten Preis erworben. gez. Windschiegl." 

Wegen der Ausstellung der mit Preisen bedachten Projekte erließ der Magistrat am 21.5.1908 folgende Bekanntmachung: 

"Die öffentliche Ausstellung der Entwürfe für den Rathausneubau dahier findet am Sonntag, 24. bis einschließlich Sonntag, den 31. Mai d. Js. in der Rathauskanzlei statt.”

Architekt Hans Brühl erhält Planungsauftrag

Laut Sitzungsprotokoll des Magistrats Vohenstrauß vom 1.7.1908, Nr. 377, wurde folgender einstimmiger Beschluss gefasst:

„1. Es sei die Planbearbeitung für den Rathausbau dahier und die Ausführung des Baues dem Architekten Herrn Hans Brühl in München zu übertragen.

2. Herr Brühl hat alle in der Gebührenordung der Architekten und Ingenieure bezeichneten Vor-, Ausführungs-, Haupt- und Nebenarbeiten, wie solche in dieser Gebührenordnung aufgeführt und wie dieselben für den Bau des Rathauses dahier samt Einrichtungen, Zugehörungen und Nebenanstalten überhaupt erforderlich sind, zu leisten.

3. Für diese Gesamtleistungen erhält Herr Brühl von der hiesigen Gemeinde die Aversalsumme von 5000 Mk. (fünftausend). In dieser Aversalsumme sind auch die Reisespesen insoweit inbegriffen, als von Herrn Brühl eine Reise zur Baustelle nicht öfter als alle 14 Tage vom Magistrat verlangt wird. Für jede weitere Reise hat Herr Brühl ein Tagegeld von 10 Mk. und die Fahrtaxe II. Klasse zu beanspruchen.

4. Der Aufwand für die spezielle Bauführung ist von der Gemeinde zu tragen.

Riebel, Bürgermeister

Magistratsräte: Jungkunst, Kirner, Winkler, Lindner, Wappmann

Marktschreiber Windschiegl."

Dieser Beschluss wurde am 2.7.1908 den Gemeindebevollmächtigten zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet und im Begleitschreiben über die Finanzierung des Vorhabens folgendes ausgeführt: 

"Der Kaufschilling für das Ferazinische Anwesen Hs.-Nr. 74 zu 30000 Mk. ist aus den Überschüssen der Sparkasse und aus Mitteln des Reservefonds pro 1907 und 1908 bereits gedeckt.

Die Kosten für den Neubau des Rathauses sind nach den generellen Berechnungen auf 100 000 Mk. veranschlagt.

Falls der Bau des Rathauses im Jahre 1909 zur Ausführung kommt, so können an diesen Kosten wiederum 30000 Mk. an Überschüssen der Sparkasse und des Reservefonds pro 1909 gedeckt werden, so dass nur die Summe von 70 000 Mk. mittels Anleihen zu beschaffen wäre.

Wenn vom Jahre 1910 an nur die Hälfte der Überschüsse der Sparkasse und des Reservefonds für die Schuldentilgung und für Verzinsung der Schuld verwendet werden, so ist die Deckung dieser Schuld in einem Zeitraum von 6 - 7 Jahren leicht möglich, und kann die zweite Hälfte der Überschüsse zur Vermehrung des Reservefonds wiederum dienen. Diese Vermehrung ist vollständig genügend, nachdem z. Zt. der Reservefond der Sparkasse die vorschriftsmäßige Höhe um 78 000 Mk. überschreitet.

Vom finanziellen Standpunkt aus kann daher die Bauausführung keinerlei Bedenken unterliegen." 

Zur damaligen Zeit war die Sparkasse eine Einrichtung des Marktes. Beim Rathausneubau wurden für die Sparkasse im I. Obergeschoß die notwendigen Räume mit eingebaut, wo sie auch von 1911 bis zum 1.10.1935 untergebracht war.

Das Gemeindekollegium stimmte am 11.7.1908 dem o.g. Beschluss zu.

Schon am nächsten Tag wurde Architekt Hans Brühl die Planbearbeitung und die Bauausführung für den Rathausbau übertragen.

Magistrat und Gemeindebevollmächtigtenkollegium erklärten sich in ihren Sitzungen am 17.9. bzw. 21.9.1908 mit den vom Architekten gefertigten Plänen einverstanden und beschlossen, die baupolizeiliche Genehmigung für das Bauvorhaben einzuholen. Die Beschlussfassung über die Ausführung des Baues, über die Aufbringung und Deckung der Baukosten wollten die Gremien erst dann vornehmen, wenn die Kostenanschläge gefertigt seien.

Unterm 10.11.1908 teilte Brühl dem "verehrlichen Magistrat" mit, dass sich der Bau auf 148 000 Mk. insgesamt berechne. Er fügte noch hinzu, dass bei der seinerzeitigen Summe von 100 000 Mk., die als Norm für den Wettbewerb bestimmend war, unbedingt zu wenig gerechnet worden sein müsste. Ein modernes Wohngebäude z.B. mit aller Einrichtung, Zentralheizung, Klosetts, Bad etc. berechne sich mit 17 - 19 Mk. für den cbm umbauten Raum. Hier in diesem Fall hätte man noch außerdem die Ausgestaltung des Saales und infolge eine größere Geschosshöhe, ebenso stärkere Mauern, weil erforderlich. Die Maurerarbeiten allein würden sich auf ca. 38 000 Mk., die Zimmermannsarbeiten auf 21 000 Mk. berechnen. Brühl wörtlich: 

"Wo es irgend möglich war, ohne die Stabilität des Gebäudes in Frage zu bringen, habe ich gespart, aber eine geringere Bausumme ist für diesen relativ großen Bau einfach unmöglich." 

Der Magistrat zeigte sich in der Sitzung vom 12.11.1908 von der Kostenberechnung mehr als überrascht.

Der Antrag auf baupolizeiliche Genehmigung wurde am 22.9.1908 gestellt, wobei das Vorhaben durch Darlegung aller Gesichtspunkte ausführlich begründet wurde. Das Schreiben, Nr.1916, gibt einen zusammenfassenden Überblick über das Bauwerk: 

„An das Königliche Bezirksamt Vohenstrauß

Betreff: Der Bau des Rathaus- und Sparkassengebäudes in Vohenstrauß

[...] Schon vor mehreren Jahren wurde von der hohen Königlichen Regierung die Verbesserung der Geschäftsräume des Magistrats und der Verwaltung der Sparkasse angeregt und aus Anlass des Gesuches um die Erhebung des Marktes Vohenstrauß zur Stadt wurde der Bau des Rathauses als erste Voraussetzung zur Vorlage dieses Gesuches an das Königl. Staatsministerium abhängig gemacht.

Ein vor Jahren bereits beabsichtigter Umbau des jetzigen Rathauses wäre nur etwas unvollkommenes und unpraktisches geworden und deshalb haben sich die gemeindlichen Kollegien dazu entschlossen, durch käufliche Erwerbung des Nachbaranwesens Hs. Nr. 74 einen entsprechenden und vergrößerten Bauplatz zu erlangen, um neben den eigentlichen Bedürfnissen des Magistrats, insbesondere die am dringendsten notwendigen Geschäftsräume für die Sparkasse und Wohnungen für die Beamten derselben zu beschaffen.[...]

Es sind vorgesehen:

Im Erdgeschoß der bisher schon bestandene um 722 Mk. verpachtete Laden mit Lagerraum und 1 Zimmer, 1 Zimmer für Eichmeister, 1 Zimmer für Polizeiwache, Posträume in dem von der kgl Postdirektion bezeichneten Umfang,

ferner eine Wohnung mit fünf Zimmer und Küche.

Im I. Stock: 1 Zimmer für Bürgermeister, 1 Standesamtssaal, 1 Magistratskanzlei mit Registratur, 1 Zimmer für Sekretär, 1 Sparkassenlokal, welches einen feuersicheren Raum für Kassen-schränke enthält und welches noch in Warte- und Geschäftsraum abgeteilt wird, dann eine Wohnung mit fünf Zimmern und Küche.

Im II. Stock: Ein großer und ein kleinerer Saal, nebst Garderob, sowie eine weitere Wohnung mit vier Zimmern und Küche.

Die Wohnungen sind bestimmt für Magistrats- und Sparkassenbeamte. Mit der kgl. Postdirektion Regensburg, welcher wir bereits die Grundriss plane eingesendet haben, sind die Verhandlungen noch im Gange.

Mit Rücksicht auf den Stand und den Umsatz der Sparkasse haben es die gemeindlichen Vertreter für notwendig erachtet nicht nur die eigenen größeren Räume für dieselbe zu schaffen, sondern auch von den drei vorgesehenen Familienwohnungen zwei für Sparkassenbeamte herstellen zu lassen.

Die nach § 9 der Bauordnung erforderlichen Pläne bringen wir in duplo, versehen mit den nach § 67 Ziffer 1 der Bauordnung vorgeschriebenen Unterschriften mit der Bitte in Vorlage: 'die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung des Baues nach diesen Plänen erteilen zu wollen'.

Der Voranschlag über die Kosten des Baues ist vom vorbezeichneten Architekten in der Ausarbeitung begriffen und sobald wir denselben erhalten, wird die Beschlussfassung über die Art der Vergebung der Bauarbeiten, über die Aufbringung und Deckung der Baukosten erfolgen. Riebel"

Die baupolizeiliche Genehmigung wurde am 23.10.1908 durch das Kgl. Bezirksamt Vohenstrauß erteilt.

Im Verzeichnis sämtlicher in der Gemeinde Vohenstrauß während der Jahre 1897 - 1919 vollendeten Neubauten und Bauveränderungen ist der Rathausneubau ebenfalls eingetragen:

 

Es folgt dann ein umfangreicher Schriftverkehr mit dem Architekten, der u. a. die Absteckung der Umfassung für den Rathausneubau und die Verbreiterung des Schmiedgäßchens betraf. In Verhandlungen mit dem kgl. Oberpostamt Regensburg wurde die Aufnahme des Postamts Vohenstrauß ins Rathaus und der Raumbedarf besprochen. (Anmerkung: Die Diensträume des Postamts  Vohenstrauß befanden sich von 1911 bis 1935 im Erdgeschoss des Rathauses).

Mit 8:7 Stimmen beschloss schließlich der Magistrat, wieder einen Brotladen in den südlichen Parterreräumen des neuen Rathauses zu errichten. Der Einbau einer Zentralheizung wurde in der Sitzung vom 11.12.1908 einstimmig abgelehnt, obwohl im Bauprogramm ursprünglich vorgesehen. 

Die entscheidenden Beschlüsse der beiden Gremien wurden am 30.11. 1908 unter Protokoll-Nr. 636 einstimmig gefasst: 

1. mit dem Abbruch des Ferazin-Hauses, dann des Rathauses ist zu beginnen, sobald die Witterungsverhältnisse diese Arbeiten zulassen.

2. Die Ausführung des Rathausbaues hat nach den ... genehmigten Plänen des Architekten Brühl und den von diesem angefertigten Kostenvoranschlag zu erfolgen.

3. Zur Beaufsichtigung und Kontrolle der Bauarbeiten wird ab 1. März ein ständiger Bauführer aufgestellt, für welchen ein Gehaltsbezug von 200 - 250 Mk. festgesetzt wird.

4. Die Bauarbeiten des Rathauses selbst werden der öffentlichen Vergebung nach Leistungsverzeichnissen und nach Maßgabe der Bau- und Werkpläne unterstellt.

5. Soweit Arbeiten in Frage kommen, deren Herstellung von Spezialfirmen zu erfolgen hat, wird spezielles Übereinkommen getroffen.

6. Die Kosten des Gesamtbaues werden mittels Anlehen beschafft.

7. Zur Verzinsung und Rückzahlung des Darlehens werden die Mittel aufgebracht: Durch die jährlichen Mieten für Posträume, Laden, Wohnungen, soweit letztere nicht als Dienstwohnungen in Frage kommen, dann durch die jeweiligen verfügbaren Überschüsse der gemeindlichen Sparkasse, nachdem die Sparkassenräume einen wesentlichen Bestandteil des Neubaues bilden, und soweit diese nicht hinreichen sollten, durch anderweitige Einnahmen der Gemeinde. [...]

9. Als Baukassier wird Marktschreiber und Kassier Windschiegl bestellt. 

 

 Die Arbeiten beginnen

Magistratsbekanntmachung am 3. Oktober 1908: 

"Das Schmiedgäßel (jetzige Rathausgasse) ist von heute ab entlang den abgebrochenen Nebengebäuden des Ferazin' schen Anwesens für allen Verkehr abgesperrt." 

Über die Abbrucharbeiten sind im Kassentagebuch erstmals am 27.2. 1909 Ausgaben wie folgt verbucht: 

"Wochenliste Suckart und Genossen in Höhe von 73,22 Mk." 

Ein weiterer Buchungsvermerk ist am 20. Februar 1909 wie folgt vorgetragen:

"Wochenliste, Umzug vom alten Rathaus in das Rückgebäude und Transport der Geldschränke 55,36 Mk." 

Im Magistratsbeschluss vom 30.11.1908 wurde nämlich festgelegt: 

"Als Bureauraum für Kanzlei, Sparkasse, Standesamt, ferner für ein Baubureau, dann für die Nachtwache wird das im Garten neuhergestellte Hintergebäude mit den darin befindlichen Räumlichkeiten benützt." 

Das obige Bild zeigt den Abbruch des Ferazin-Hauses und des alten Rathauses. Auf dem Bild ist der Marktschreiber Andreas Windschiegl (mit Hut) zu erkennen, der zum Baukassier bestellt wurde. Rechts ragt noch der alte Schlauchturm, der 1880 auf dem Rathausstadel errichtet wurde, hervor. Er ging in dem 1910 hinter dem Rathaus errichteten Feuerwehrgerätehaus auf. 

 

Westliche Marktplatzseite noch vor Abbruch: 

Ø  Unterhalb der Pfarrkirche das Kaufhaus Riebel, alte Hs.-Nr.37, jetzt Pfarrgasse 1: 1934 von der Sparkasse erworben und abgebrochen, 1935 Errichtung eines neuen Sparkassengebäudes;

Ø  das Eckhaus nördlich (rechts) der Pfarrgasse ist das Lang-Sattler-Anwesen, alte Hs.-Nr. 69, jetzt Marktplatz 1;

Ø  das Aichinger-Bäck-Haus, Hs.-Nr. 70, jetzt Marktplatz 3;

Ø  das Frank-Haus, früher Mälzerei, Hs.-Nr. 71, jetzt Marktplatz 5;

Ø  Gasthof "Zum Schwan", Hs.-Nr. 72, jetzt Marktplatz 7 (Raiffeisenbank)

Ø  schließlich das alte Rathaus, Hs.-Nr. 73

Ø  und das Ferazin-Haus, Hs. Nr. 74.

Auch das frühere Schmiedgäßel, die jetzige Rathausgasse, ist im Anschluss zu erkennen. 

 

Architekt Brühl teilte dem Magistrat am 13.2.1909 mit, dass sämtliche Werkpläne für Maurer- und Zimmermannsarbeiten seinem Schreiben beilägen und jetzt mit dem Bau begonnen werden könne, da für den Rohbau alles fertiggestellt sei. Der Architekt legte dem Magistrat auch das Ausführungsprojekt mit Lageplan (Maßstab 1: 500), die Grundrisse (1: 100) für Kellergeschoß, Erdgeschoß, I. Obergeschoss, II. Obergeschoß und für das Galerie-Geschoß vor. 

Zur Abgabe der Angebote für die Erd-, Beton-, Maurer-, Dachdecker- und Zimmermannsarbeiten sowie die Lieferung von Eisenwerk, wurde als Termin der 17.3.1909, mittags 12 Uhr, festgelegt. Den Auftrag zur Ausführung der vorgenannten Arbeiten wurde dem Bauunternehmen Johann Ach, Vohenstrauß, übertragen.

Im Frühjahr 1909 wurde mit dem Rathausbau begonnen. Ein genaues Datum über den Baubeginn ist in den Bauakten leider nicht feststellbar und auch nicht im Bautenverzeichnis eingetragen. In einem Schriftstück des Magistrats vom 22.4.1909 ist jedoch davon die Rede, dass weitere Verhandlungen erst stattfinden sollten, wenn der Bau des Rathauses selbst weiter vorgeschritten sei. Folglich ist anzunehmen, dass mit dem Bau im April 1909 begonnen wurde.

 

Am 22. Juli 1909 wird Richtfest gefeiert

Der Rathausbau kam zügig voran, denn am 22.7. konnte bereits das Richtfest gefeiert werden. Im Kassentagebuch ist unter dem gleichen Datum vermerkt:  

"Für die Hebefeier Beitrag zu Verteilung unter den Arbeitern, an Ach 50 Mk." 

Der Bauakt und das Kassentagebuch weisen aus, dass bei der Vergabe der weiteren Arbeiten in der Hauptsache Vohenstraußer Handwerker und Unternehmer berücksichtigt wurden. So erhielten den Auftrag fr die Schlosser- und Kunstschmiedearbeiten: Friedrich Aichinger, Schreinerarbeiten: Donat Kirner, Martin Koller, Johann Pröls und Lorenz Gina, Malerarbeiten: Josef Steininger und Georg Fuchs, Spenglerarbeiten: Georg Sperl, Glaserarbeiten: Johann Pröls und Donat Kirner, Hafnerarbeiten: Christoph Fischer und August Würschinger, Stuckarbeiten: Michl Schmeilzl, Drechslerarbeiten: David Krapfenbauer, Eisenlieferung: Friedrich Ring und J. Lindner,

Ladeneinrichtung: Johann Peugler, Badeeinrichtungen und weitere Lieferungen: Johann Stahl, Lieferung von Läufern und Teppichen: J.M. Riebel und Teppicheinfassen: Georg Lang, Lieferung der Patenteisenofen: Leo Kohler. Weitere Gewerke wurden an auswärtige Spezialfirmen vergeben.

 

 

Schmuck für das neue Rathaus 

In der Beschreibung des Wettbewerbs wurde zwar festgelegt, dass die architektonische Ausgestaltung mit Rücksicht auf die geringen vorhandenen Mittel einfach gestaltet werden soll und der ornamentale Schmuck auf ein geringes Maß zu beschränken ist, so wurde doch ein gut proportionierter durchlaufender Erker gebaut mit einem Wappen in Art Kunststein und darüber die Rathausuhr. Das Wappen, das im Juli/August 1910 angebracht wurde, halten zwei kleine Putten auf dem Gesims sitzend. Dies ist übrigens der einzige figürliche Schmuck an der Außenfassade. Über der Eingangstür hängt eine schmiedeeiserne Außenleuchte, die 1976 instandgesetzt werden musste. 

Im I. Stock wurde ein Wandbrunnen aus geschliffenem Treuchtlinger Marmor mit Kieselmosaikverkleidung errichtet. Das Mosaik hat ein Italiener versetzt. Die ausführende Firma war das Bildhauer- und Stukkateurgeschäft Jakob Grau aus Regensburg. 

Die schmiedeeisernen Schmuckarbeiten an Fenstern und Türen, im Treppenhaus und die Lampen an den Decken führte Schlossermeister Friedrich Aichinger aus. Sie geben Zeugnis vom hohen Stand der damaligen Handwerkerkunst.

Im Standesamtssaal, Festsaal (Rathaussaal) und in der Ratsherrenstube (jetzt noch Depot Heimatmuseum) wurden beim Rathausbau fünf wertvolle Kachelöfen (Renaissanceöfen) in silbergrauer, rehbrauner, ockergelber und grünlicher Glasur versetzt. Diese Kachelöfen werden immer wieder wegen ihrer kunstvollen Formgebung bewundert. Sie sind eine Zierde für diese Räume. 

Beim Ausbau des Rathaus- und Standesamtssaales erhielt die Decke eine Holzvertäfelung. Die Galeriebrüstung im Festsaal ist in den Nachkriegsjahren zugemauert worden. (Anmerkung des Kreisheimatpflegers Staniczek: überlegenswert, ob nicht nach Auszug des Heimatmuseums alter Zustand mit Galeriebrüstung wieder hergestellt werden sollte.) 

Nach zweijähriger Bauzeit Rathausbau vollendet 

Nach zweijähriger Bauzeit wurde der Rathausneubau am 19. Mai 1911 vollendet. Über Einweihungsfeierlichkeiten sind weder in den Archivakten noch im Kassentagebuch der Jahre 1909 -1912 Unterlagen vorhanden bzw. Eintragungen zu finden. Es ist aber kaum anzunehmen, dass dieses ansehnliche Gebäude so sang- und klanglos bezogen wurde.

 

Bild des Vohenstraußer Rathauses im Jahre 1927 (Gasthof zum Schwan schon aufgestockt)

 

Gewaltige Kostenüberschreitung

In der Ausschreibung fr den Architektenwettbewerb ist angegeben, dass als Bausumme der Betrag von 100 000 Mk. zur Verfügung steht. Schon im November 1908 errechnete jedoch Architekt Hans Brühl eine Baukostenhöhe von 148 000 Mk. und in seinem Schreiben vom 12. Mai 1911 teilte der Magistrat Vohenstrauß dem Bezirksamt Vohenstrauß in der Sache "Visitation des kgl. Bezirksamts Vohenstrauß auf dem Gebiete des Gemeindewesens" mit, dass das neue Rathaus mit Sparkasse  mit einem Kostenaufwand von über 200 000 Mk. errichtet wurde. Im Kassentagebuch sind auf Seite 17 unterm 12.Februar 1912 die Gesamtausgaben mit 201 931,63 Mk. angegeben. Die Finanzierung dieser großen Baumaßnahme bereitete dem Magistrat und dem Kollegium der Gemeindebevollmächtigten große Sorgen. Schließlich wurden die Kosten des Gesamtbaues durch die alljährlich verfügbaren Überschüsse der gemeindlichen Sparkasse und durch Anlehen aufgebracht. Wie im Magistratsbeschluss vom 30. November 1908 zugesichert, wurde nach Vollendung des Baues der Schuldentilgungsplan aufgestellt und dem Bezirksamt vorgelegt.

Das Kgl. Bezirksamt Vohenstrauß hat dann am 21. August 1913 unter Nr.2315 folgende Verfügung erlassen:

"Die Aufnahme eines Anlehens von 75 000 Mk., welches zur teilweisen Deckung der Kosten der Erbauung eines neuen Rathauses verwendet worden ist, mit 4 % zu verzinsen und nach dem anruhend zurückfolgenden Schuldentilgungsplan vom 27. März 1912 in acht Jahren zu tilgen ist, wird hiermit nachträglich staatsaufsichtlich genehmigt." 1920 war das von der Sparkasse aufgenommene Schuldkapital getilgt.

 

 

Quellenangabe: 

1.     Stadt Vohenstrauß, Akten des Archivs Nr. 621/3, 621/10, 631/1, 912/37, 021/1

2.     Stadt Vohenstrauß, Sitzungsprotokollbuch des Magistrats Vohenstrauß 1911 - 1912

3.     Stadt Vohenstrauß, Sitzungsprotokolle des Collegiums der Gemeindebevollmächtigten des Marktes Vohenstrauß 1894 - 1919

4.     Stadt Vohenstrauß, Tagebuch über die Einnahmen und Ausgaben bezüglich der Erwerbung des Ferazin' schen Anwesens Hs.Nr. 74 und des Rathaus-Erweiterungsbaues 1907 - 1912

5.     Stadt Vohenstrauß, Verzeichnis sämtlicher in der Gemeinde Vohenstrauß während der Jahre 1897 - 1919 vollendeten Neubauten und Bauveränderungen

6.     Heimatkundlicher Arbeitskreis Vohenstrauß; „Vohenstrauß im Wandel der Zeiten“, Stadt Vohenstrauß, 1978

7.     Jubiläumsausgabe "50 Jahre Vohenstraußer Anzeiger", 1879 - 1929

8.     Heimatkundlicher Arbeitskreis Vohenstrauß; Streifzüge 4/1987 „1912-1987 - 75 Jahre Wiedererhebung Stadt Vohenstrauß“

Bildnachweis:

Archiv Hans Frischholz

Archiv Heimatkundl. Arbeitskreis Vohenstrauß

Archiv Peter Staniczek, Kreisheimatpfleger

Foto Kraus, Vohenstrauß: Rathauswappen, Wandbrunnen, Mosaikfenster