Home Nach oben

Blog 

Gästebuch  

 

 

Steinzeit im Tal der Pfreimd Peter Staniczek, Kreisheimatpfleger
   

Vierzig Jahre sind es her, dass man auch in unserer engeren Heimat von Vorgeschichtsforschung sprechen kann. Verbunden sind diese Pionierleistungen in erster Linie mit den Namen Gerhard Zückert und Siegfried Poblotzki.

Im Jahr 1966 war der Weidener Gerhard Zückert bei der Suche nach den Resten des vermuteten Edeldorfer Burgstalls auf den ersten steinzeitlichen Fundplatz unserer Region gestoßen.[1] Vorher war im Bereich des östlichen Landkreises Neustadt an der Waldnaab lediglich das Steinbeil von Roggenstein, wohl im Jahre 1928 gefunden in der Flur Saalachödung, bekannt gewesen.[2]

Im selben Jahr begann Siegfried Poblotzki, angeregt durch den Zufallsfund Zückerts, mit der Suche nach steinzeitlichen Artefakten im Pleysteiner Raum.[3] Nachdem er 1967 erstmals fündig geworden war, dehnte er seinen Untersuchungsraum auf das Zottbachtal und schließlich auf die Terrassen des Pfreimdtals aus.

 

Das Absuchen des Geländes um Moosbach brachte zunächst keinen Erfolg. Aber Ausdauer und Hartnäckigkeit, gepaart mit analytischem Verstand waren die Stärken des 1997 verstorbenen Pleysteiner Heimatforschers. Lassen wir ihn selbst berichten: „Stärkere Regenfälle im Herbst 1968 gaben Anlaß zu erneuter Suche. Der Nebel lag schon dicht über der Landschaft und gelegentlich fielen einige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Vom Hügel nördlich der Pfreimd zwischen Gröbenstädt und Burgtreswitz hat man gewöhnlich einen weiten Blick ins Pfreimdtal; jetzt war die Sicht begrenzt. Im Südwesten ragte schattenhaft Burgtreswitz aus der Ebene und im Tal glänzte bleigrau der gewundene Lauf des Flusses.

Die Flurbezeichnung Galgenfelder erinnert an eine früher andere Zweckbestimmung; hier war die Richtstätte des Amtes Treswitz. Manchmal findet man noch morsche Wirbelknochen und Gelenkkugeln, die der Pflug an die Oberfläche brachte. Der Boden ist sandig, etwas lehmig, durchsetzt mit halbverwitterten Gneisbrocken. Wie überall in unserer Gegend, stellt der Quarz den Hauptanteil der Steine. Plötzlich aber stockt der Schritt; aus dem Gewirr der Steine leuchtet der wohlvertraute Seidenglanz eines gespaltenen Hornsteins. Schnell hat man den Fund in der Hand: Also auch hier an der Pfreimd lebte der vorgeschichtliche Mensch.“[4]

Der Fundplatz Galgenfelder liegt etwa 350 m nordwestlich von Gröbenstädt auf dem höchsten Punkt des Höhenzugs, der sich etwa 25 m steil über dem Talniveau der Pfreimd nach Südwesten zum Fahrnbachtal hin erstreckt. Poblotzki beschreibt den Fundplatz noch genauer: „Der Fundbereich hat eine Ausdehnung von 300 zu 150 Meter. Ein Streifen von ungefähr 50 Meter Breite entlang der Terrassenkante enthält das meiste Material. Es wird spärlicher mit der Entfernung; Einzelstücke fanden sich jedoch noch 200 Meter hügelan.“[5]

Der 2001 verstorbene Werner Schönweiß[6] bezeichnete die Fundstelle Galgenfelder als die fund- und typenreichste Station der ganzen Region, denn sie beinhaltet mehrere tausend Artefakte: „Die absolute Mehrheit des Fundgutes gehört dem Endpaläolithikum (ausklingende Altsteinzeit) an, und nur ein geringer Prozentsatz weist auf mesolithische (= mittelsteinzeitliche) Niederlassungen auf dem gleichen Areal hin. […] Die Stelle dürfte während des ganzen Endpaläolithikums in ständig wiederkehrender Folge begangen worden sein. Die Fundstelle Galgenfelder ist somit eine der Leitstationen in der Oberpfalz. Sie ist kennzeichnend für die Gesamtentwicklung der Atzenhofer Gruppe dieser Landschaft.“

Schönweiß rechnet die Jägergruppen, die während des 9. und 8. Jahrtausends v. Chr. Die Pfreimd aufsuchten, zur endpaläolithischen „Atzenhofer Gruppe“. Diese nordbayerische Kultur zeichnet sich aus durch eigene, unverwechselbare Rohstoffzusammensetzung und Rohstoffbearbeitung. Die Werkzeuge dieser Jägergesellschaft stellen lt. Schönweiß den ältesten Nachweis menschlichen Wirkens im Norden der Oberpfalz und des Oberpfälzer Waldes dar.[7]

Neben endpaläolithischem Fundgut finden sich in der Flur Galgenfelder auch Spuren mesolithischer Freilandstationen.[8]  Das Mesolithikum zeichnet sich vor allem durch veränderte Formtypen und -größen aus. Die Fundstücke werden kleiner, man bezeichnet sie deshalb auch als Mikrollithen.

Eine mesolithische Freilandstation vermutet man im Raum Moosbach in der Flur Paintäcker, beiderseits der Straße zwischen Moosbach und Gröbenstädt, in der einige Hornsteinabschläge gefunden wurden.[9]

Charakteristisch für die fundreichsten Plätze an der Pfreimd und ihren Seitentälern sind ihre markante Lage, meist nach Süden oder Westen gerichtete Terrassenkanten, idealerweise im Mündungswinkel eines zufließenden Nebengewässers.

Einen solchen mesolithischen Rastplatz finden wir auch auf der nördlich der Hammermühle gelegenen Terrasse im Mündungswinkel von Zottbach und Pfreimd, östlich des vorbildlich sanierten Bildstocks am Weg von der Hammermühle nach Lohma. Hier wurde neben anderen Abschlägen eine gut bearbeitete Klinge gefunden.[10]

Der Bereich der Fischleitenäcker, einer sich in Nord-Süd-Richtung ausdehnenden Anhöhe zwischen Burgtreswitz und Gröbenstädt, nördlich der Pfreimd und östlich des Fahrnbachs gelegen, unmittelbar in der Nachbarschaft der fundreichen Galgenfelder, ist wohl ebenfalls einer mesolithischen Freilandstation zuzuordnen. Steinzeitliche Siedlungsfunde deuten jedenfalls daraufhin.[11]

Die Geräte sowohl der endpaläolothischen als auch der zeitlich folgenden mesolithischen Fundplätze entstanden durch Abschläge. Im Gegensatz zu den wesentlich älteren Faustkeilen wurde dabei nicht der Rohling (z. B. Hornstein) selbst bearbeitet, sondern die Abschläge desselben. Diese Abschläge wurden nachbearbeitet (Retusche) zu Messern, Kratzern, Bohrern, Spitzen oder Sticheln. In Verbindung mit Holz oder Knochen entstanden Werkzeuge wie zum Beispiel die für den Fischfang eingesetzten Harpunen.

Die Jungsteinzeit ist im Raum Moosbach mit dem 1979 auf dem Hechtlacker bei Ödhof geborgenen, durchbohrten Steinbeil vertreten. Allerdings ergaben sich trotz intensiver Nachsuche bisher keine Hinweise auf eine jungsteinzeitliche Besiedlung.[12]

Die Siedlungsplätze des ausgehenden Endpaläolithikums sowie des Mesolithikums an der Pfreimd und ihren Nebengewässern wurden auch in späteren Zeiten gerne aufgesucht. So wurden in der Gemarkung Gröbenstädt in der Flur Pfeifersfeld im Pfreimdbogen zwischen Gröbenstädt und Strehberg ein bronzezeitliches Randleistenbeil sowie ein mittelständiges Lappenbeil aus der darauffolgenden Urnenfelderzeit gefunden.[13] In der Fundchronik für das Jahr 1987, bearbeitet von der Abteilung Bodendenkmalpflege im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, wird zudem für den Bereich der schon beschriebenen Galgenfelder ein „Bronzemesser mit Griffzunge, an Schneide und Rücken beschädigt, Spitze abgebrochen, Länge 11,2 cm“ verzeichnet, das ebenfalls von Siegfried Poblotzki gefunden worden war.[14] Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Stellungnahme der archäologischen Denkmalpflege zum Bebauungsplan Moosbach „Hammermühle“ vom 05.09.2000. Dabei wurden zu den damals vorliegenden Planungen folgende Bedenken erhoben: „Das Gewerbegebiet liegt auf einem Geländesporn über der Pfreimd und dem einmündenden Zottbach. Unmittelbar nördlich (eher nordwestlich) davon, bei Lohma, liegen die nördlichsten bislang in der Oberpfalz bekannten Grabhügel der Hallstattzeit, die bereits Gegenstand archäologischer Untersuchungen waren. Da das beplante Gebiet bewaldet ist, konnten dort bislang keine archäologischen Prospektionen stattfinden. Der Verdacht liegt aber nahe, dass auf dem siedlungstopographisch und fortifikatorisch bestens geeigneten Höhenrücken eine keltische Höhensiedlung lag, die in Verbindung mit dem Grabhügelfeld von Lohma zu sehen ist.“[15]

Nach wie vor sind die Ergebnisse der Begehungen von Fundsammlern die wichtigste Quelle archäologischer Erkenntnisse. Bodendenkmäler sind die einzigen und in ihrer Zahl sehr beschränkten Quellen für die Geschichte vom ersten Auftreten des Menschen bis zum Einsetzen der schriftlichen Überlieferung. Die Chance, einen steinzeitlichen Fund zu machen, ist fast überall gegeben, bei den oben beschriebenen Plätzen umso größer. Archäologische Funde ohne Fundort und Kenntnis der Fundzusammenhänge und -umstände sind meist ohne Wert für die Wissenschaft und die Denkmalpflege. Darum sind die genaue Lokalisierung und Kartierung der Fundstellen, sowie möglichst informative schriftliche Fundmeldungen von besonderem Interesse. Die Ergebnisse der Sammlertätigkeit werden in der Fundchronik, einer regelmäßig erscheinenden Zusammenstellung und Auswertung der Funde, veröffentlicht und in die Denkmalliste aufgenommen, wenn es sich um bisher unbekannte Fundstellen handelt. Die Kreisheimatpfleger oder die Untere Denkmalschutzbehörde können den Kontakt zum Landesamt dabei vermitteln.[16]

 

 

 

 

 

 

Quellen

[1] Siegfried POBLOTZKI, Schon in der Steinzeit Spuren menschlichen Lebens, in: Heimat Landkreis an der Waldnaab, 1993, S. 53-64

[2] Gerhard ZÜCKERT, Zur Vorgeschichte des Weidner Umlands, in: Oberpfälzer Heimat 8, 1963, S. 121-130

[3] Siegfried POBLOTZKI, Steinzeit im Raum Pleystein, in: Oberpfälzer Heimat 13, 1969, S. 57-62

[4] Siegfried POBLOTZKI, Steinzeit um Vohenstrauß, in: Oberpfälzer Heimat 16, 1972, S. 27-40

[5] Ebd., S. 28

[6] Werner SCHÖNWEISS, Letzte Eiszeitjäger in der Oberpfalz, Zur Verbreitung der Atzenhofer Gruppe des Endpaläolithikums in Nordbayern, 1992, S. 51-53

[7] Ebd., S. 13

[8] Mesolithikum = Mittlere Steinzeit (ca 8000 – 5000 v. Chr.)

[9] Siegfried POBLOTZKI, Steinzeit um Vohenstrauß, in: Oberpfälzer Heimat 16, 1972, S. 29

[10] Ebd., S. 30

[11] Ebd., S. 48 und Siegfried POBLOTZKI, Schon in der Steinzeit Spuren menschlichen Lebens, in: Heimat Landkreis an der Waldnaab, 1993, S. 54

[12] Gerhard ZÜCKERT, Steinzeitliche Funde im Landkreis Neustadt/WN, in: Oberpfälzer Heimat 26, 1982, S. 134

[13] Randleistenbeil von enormer Bedeutung, Der neue Tag, 09.04.1994; Altes Bronzebeil aus der Urnenfelderzeit aufgetaucht, Der neue Tag, 02.12.1993

[14] Bayerische Vorgeschichtsblätter, Beiheft 3, 1990, Fundchronik für das Jahr 1987, S. 46 und 49 (Abb.)

[16] siehe auch Informationen im Internet: http://www.blfd.bayern.de/blfd/index.php?id=1065075

 

Beispiele vom Fundplatz Galgenäcker bei Gröbenstädt (aus Oberpfälzer Heimat 1972, S. 31)

   

Galgenfelder (1), Blick nach Süden (Moosbach)

  

Galgenfelder (2), Blick nach Südwesten (Burgtreswitz), die Fundstellen befinden sich zwischen Standort des Fotografen und dem Waldstreifen des Steilhangs

 

Galgenfelder (3), Blick nach Nordwesten zur Flur Fischleitenäcker, die Fundstellen befinden sich zwischen Standort des Fotografen und dem Waldstreifen des Steilhangs

 

Galgenfelder (4), Blick nach Westen (Strehberg rechts), Fundplatz erstreckt sich vom höchsten Punkt der Galgefelder(links) bis zur Terrassenkante (rechts)

aus Festschrift "Moosbacher Heimatfest 2007", S. 144

Bayernviewer-Denkmal (Bayerische Vermessungsverwaltung - Ausschnitt Gröbenstädt): 1 Galgenfelder, 2 Pfeifersfeld, 3 Paintäcker, 5 Fischleitenäcker

 

bearbeitete Hornsteinknolle aus dem Stadtmuseum Abensberg

Silex-Werkzeugfunde aus dem Pfreimdtal (Bereich Herrenfelder bei Altentreswitz)

Plattenhornstein − auch Feuerstein oder Silex genannt − aus dem Feuersteinbergwerk beim heutigen Arnhofen (Ausstellung Stadtmuseum Abensberg)

Steinzeitlicher Bohrer, Nachbildung Lothar Breinl

Steinzeitliches Messer, Nachbildung Lothar Breinl