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Peter Staniczek, Kreisheimatpfleger

 

Vortrag anlässlich der Festveranstaltung am 1. Dezember 1999 in der Simultankirche in Altenstadt bei Vohenstrauß

 

 

Urkundliche Erstnennung 

Vohendreze – Vohenstrauß

1124 Kirchenweihe in Altenstadt

    

Den Grund, weshalb wir uns heute an würdiger Stätte und in würdiger Form versammelt haben, kennen Sie alle aus Einladung und Begrüßungsrede und Zeitungsberichten. Weshalb also noch ein weiterer Vortrag? Ich möchte Ihnen in der nächsten halben Stunde ein wenig die Zeit erhellen, aus der es nur wenig schriftliche Überlieferungen gibt., eine Zeit der Landnahme, der Besitznahme, der Eroberung, harter Arbeit und Abenteuerlichkeit. Eine Zeit,  in der König und Vasallen mit und durch ihre Ministerialen und Hintersassen  teils im Einklang, teils im Wettstreit das großenteils herrenlose Waldland unserer Region durch Rodung in Besitz nahmen.

875 Jahre sind vergangen seit jener denkwürdigen Kirchenweihe in Vohendreze im Jahre 1124, die vorläufiger Endpunkt und sicher Höhepunkt der Kolonisation in unserem Raume darstellte. 875 Jahre sind auch vergangen seit dem Jahr 1124, mit dem auch die erste Nennung des Ortes Vohendreze verbunden ist. 

 

 

Lebensbeschreibungen des Bamberger Bischofs Otto (geb. um 1060, 1102-1139)

 

Zwei Angaben in den Lebensbeschreibungen des Bamberger Bischofs Otto I., des Heiligen, verfasst von den Michelsberger Mönchen Ebo (1151-1159) und Herbord (1158-1159) erzählen, dass der hl. Otto auf seiner ersten Missionsreise nach Pommern zwei Kirchen geweiht habe.

 

 Herbord fasste sich recht kurz: Nachdem alle notwendigen Reisevorbereitungen getroffen waren, nahm er (Anm.: Bischof Otto) am nächsten Tage nach dem Feste des hl. Märtyrers Georgius Abschied von Volk und Klerus und weihte, wie um durch dieses Werk den Weg zu heiligen, zwei Kirchen, eine in Luckenberge und eine andere in Vohendrezze. Von da überschritt er den Böhmerwald und kam über die Abtei Kladrau nach Prag. [1]

 

Bischof Otto war der wichtigste Repräsentant der Spätphase der Kirchenreform in Franken, in seiner Person verbanden sich  Königstreue und Reformgesinnung. Er gründete und erneuerte über 20 Klöster und Stifte auch mit Hilfe der ihm gewährten reichen Königsschenkungen. Nachdem er schon in jüngeren Jahren am Hofe des polnischen Herzogs Wladislaw tätig gewesen war, hatte ihn Herzog Boleslaw aufgrund des polnisch-pommerschen Vertrags von 1120 zur Missionierung der Pommern berufen.

 

  

1124 Weihe der Kirche in vohendreze

 

Der Michelsberger Mönch Ebo schmückt seinen Bericht etwas aus:

 

Wie er also mit seinem edlen Gefolge auszog, wurde er am folgenden Tag von dem Edelmann (illustri viro) Gebhard von Waldeck zur Weihe seiner Kirche eingeladen, welche er mit größter Andacht und gebührender Feierlichkeit des Gottesdienstes konsekrierte (=weihte).

Dann setzte er seine Reise fort und weihte eine andere Kirche, nämlich in Vohenstrauß im Bistum des ehrwürdigen Bischofs Hartwig von Regensburg, natürlich mit seiner Erlaubnis und auf sein Ersuchen.

Dort empfing ihn eine zahlreiche Volksmenge, auf 6000 oder mehr gerechnet (=geschätzt), und erbat von ihm demütig die Gnade der hl. Firmung.

Nachdem sie dieselbe durch seine Handauflegung erlangt hatte, begann sie (die Volksmenge) alsbald in bewundernswerterweise Glück zu wünschen ... [2] und die göttliche Milde des so großen Vaters für ein langes Leben und einen guten Verlauf seiner Reise eifrig herabzuflehen.

 

Bei Illuminatus Wagner wird noch auf einen Datierungsfehler bzw. Verwechslungsfehler hingewiesen, so müsste es statt Georgius richtig Gangolfus heißen.

 

Die Reiseroute Ottos wird nach Joh. Looshorns Geschichte des Bistums Bamberg [3] folgendermaßen rekonstruiert:

 

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Montag 12. Mai Abreise von Bamberg,

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13.-15. Bittag u. Christi Himmelfahrt in Michelfeld,

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Freitag 16. bis Leuchtenberg,

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Samstag 17. Mai Kirchweihe zu Leuchtenberg u. weiter bis Vohenstrauß,

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Sonntag u. Montag 18. u. 19. Kirchweihe u. Firmung,

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Dienstag 20. bis Kladrau,

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Mittwoch 21. bis Prag usw.

 

 

[...] duas ecclesias unam in Luckenberge et alteram in vohendreze consecravit.

Da ausdrücklich von Kirchenkonsekration die Rede ist, nimmt man an, dass es sich in dem einen Fall nicht um die Weihe einer Burgkapelle auf dem Leuchtenberg handelte, sondern um die Hauptkirche des leuchtenbergischen Luhegebietes in Michldorf am Fuß des Leuchtenbergs. [4]

Im zweiten Fall handelte es sich natürlich nicht um die heutige Stadt Vohenstrauß, sondern um das damalige vohendreze, sprich Altenstadt.

 

Nun ergeben sich aus der Tatsache, dass auf engem Raum, etwa sieben Kilometer voneinander entfernt, fast gleichzeitig zwei Kirchen geweiht werden, nachdem es vorher lediglich eine Kirche in Luhe - wiederum sieben Kilometer von Micheldorf entfernt - gegeben hat, einige Fragen.

Da in Luhe Königsgut nachweisbar ist und die Kirche in Luhe den hl. Martin zum Schutzpatron hatte, ist anzunehmen, dass sie eine königliche Eigenkirche auf Reichs- und Königsgut war. Weitere Pfarreien als Luhe, Micheldorf [5] und Altenstadt (Altenvohendreze) sind vor 1200 in unserem Raum nicht belegt. [6]

 

Wenn wir dem Bamberger Mönch Ebo Glauben schenken, wurde er (Bischof Otto) am folgenden Tag (nachdem er aus Kloster Michelfeld auszog) von dem Edelmann (illustri viro) Gebhard von Waldeck zur Weihe seiner Kirche eingeladen, was so sicher nicht ganz wörtlich zu nehmen ist.

 

Dann setzte er seine Reise fort und weihte eine andere Kirche, nämlich in Vohenstrauß im Bistum des ehrwürdigen Bischofs Hartwig von Regensburg, natürlich mit seiner Erlaubnis und auf sein Ersuchen.

 

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Welche Beziehung hatte Gebhard von Leuchtenberg zu Bischof Otto von Bamberg?

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Stand Gebhard von Leuchtenberg-Waldeck in Konkurrenz zum Erbauer der Altenstädter   Kirche, dem Grafen Berengar von Sulzbach?

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War zunächst nur die Weihe in Vohendreze geplant?

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Hat der Leuchtenberger die Gelegenheit genutzt, sich schnell anzuhängen?

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Brauchte Gebhard keine Erlaubnis des Regensburger Bischofs, wie sie für Vohendreze ausdrücklich erwähnt wird?

 

Dort empfing ihn eine zahlreiche Volksmenge, auf 6000 oder mehr gerechnet (=geschätzt), und erbat von ihm demütig die Gnade der hl. Firmung.

Gemeint ist die Weihe in Vohendreze, bei Leuchtenberg werden keine Angaben zur Zahl der Anwesenden gemacht. Wenn die Zahl von 6000 Anwesenden auch stark übertrieben sein dürfte, so wollte der Chronist des Mittelalters doch ausdrücken, dass es sich um eine sehr große Volksmenge gehandelt haben dürfte.

 

Woher kam die große Volksmenge, wie setzte sie sich zusammen?

Wie sah es mit der Besiedlung unseres Raumes aus und wer waren die Herren?

 

Besiedelung des Raums durch Dynastengeschlechter

 

"In dem mit der Landschaftsbezeichnung Nordgau weiträumig umschriebenen Land sind seit dem zehnten und elften Jahrhundert Dynastengeschlechter als Besitzer ausgedehnter Ländereien und volkreicher Personenverbände nachgewiesen. Sie gehörten zur selben Adelsschicht, hatten Grafenfunktionen (comitatus) inne und verwalteten Vogteigüter kirchlicher Institutionen. Sie standen durch verwandtschaftliche und erbrechtliche Beziehungen in Verbindung.

 

Die wichtigsten Familien im Nordgau waren im 10. und 11. Jahrhundert

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die zur Babenberger Sippe gehörenden Grafen von Schweinfurt

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die Grafen von Sulzbach-Kastl-Habsberg, [...] ,

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die nach den Besitzzentren Hopfenohe-Lengenfeld-Pettendorf genannte Familie und

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der unter dem Leitnamen der Rapotonen-Diepoldinger zusammengefasste Familienverband." [7]

 

Im elften Jahrhundert setzte eine große Besitzumschichtung im Nordgau ein,

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wobei offensichtlich auch die Aktivierung königlicher Rechte und Besitztitel unter den Salier-Königen, besonders unter Heinrich III., eine Rolle spielte.

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Als Besitz- und Rechtsnachfolger der Schweinfurter [8] erscheinen einerseits die Grafen von Sulzbach,

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andererseits die Diepoldinger. [...]

 

Die Vogteien über die Bamberger Ausstattungsgüter, die im Nordgau vielfach auf Besitzungen der Babenberger [9] zurückgehen, verschafften den Sulzbachern [...] erhebliche Wirkungsmöglichkeiten für die Konsolidierung (Festigung) der Herrschaftsrechte. [10]

 

 

Die Grafen von Sulzbach  [11]

 

Die Besitzungen und Herrschaftsbereiche der Dynastensippe der Sulzbacher gruppierten sich um die im westlichen Nordgau gelegenen Burgen Sulzbach, Kastl und Habsberg.

Seit dem späteren 11. Jh. (um 1062  [12]) führte sie auch den Grafentitel. [13]

Ihr Grafentitel ist vor allem durch den großen Grundbesitz und volkreiche Hintersassenverbände im mittleren und nördlichen Nordgau zu erklären.

Sie waren mit den führenden Geschlechtern des elften und zwölften Jahrhunderts versippt  (u.a. auch mit den Saliern), ihr Hauskloster wurde das von (unserem) Graf Berengar [14]  um 1102/3 gegründete Hirsauer Reformkloster Kastl.“  [15]

 

Dabei sei daran erinnert, dass die Grafen von Sulzbach [...] Hochstiftsvögte von Bamberg und Anhänger der Kluniazenser waren, die den Ägidiuskult verbreiteten. [16]

 

Die Sulzbacher waren also im Besitz Bamberger und Regensburger Vogteigüter und hatten Allodien (Eigengüter) von Ammerthal, Creußen und Thurndorf im Westen bis nach Parkstein, Floß und Tirschenreuth im Osten und Norden des Nordgaus.

In unserem Raum hören wir erstmals von den Sulzbacher Grafen, als König Heinrich III.  [17] im Jahre 1043 einem Berengar – vermutlich der Stammvater des Sulzbacher Dynastengeschlechts – vier Königshufen in Trauschendorf, Matzlesrieth und Mogenriut (abg. bei Mugelhof) schenkt.  [18]

 

Beim siedlungsmäßigen Ausbau des Grenzraumes gegen Böhmen – also unserer unmittelbaren Heimat - wurden die Sulzbacher zu mächtigen Konkurrenten des Markgrafen aus diepoldingischem Geschlecht. Die Sulzbacher  waren Erbauer und Besitzer der Burgherrschaften Murach und Flossenbürg, die seit Anfang des 12. Jahrhunderts nachgewiesen sind. [19]

 

Bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts hatten sie ihren Herrschaftsbereich durch Rodungen in dem herrenlosen Waldland nahe der böhmischen Grenze in einer Linie von Flossenbürg über Bergnetsreuth/Grafenreuth, Roggenstein, Altenstadt, Moosbach/Gebhardsreuth bis Murach ausgedehnt.

 

Das edelfreie Geschlecht der Rackendorfer [20]  stand dabei im Vasallenverhältnis zu  den Sulzbachern, Ministeriale der Grafen von Sulzbach saßen in Floß und Moosbach, weitere Besitzungen befanden sich in den schon genannten Orten.

 

Bei  Altenstadt/Vohenstrauß durchkreuzten die Sulzbacher Grafen damit die Linie der Rodungstätigkeiten der Diepoldinger  Markgrafen, deren Familie aus dem schwäbischen Donau-Lech-Gebiet stammte und im frühen 12. Jahrhundert zu den einflussreichsten Dynasten im östlichen Nordgau gehörte.

 

 

Die Diepoldinger Markgrafen

 

Die Gründung der Klöster Reichenbach am Regen (1118) und Waldsassen (1133) durch Markgraf Diepold III. (gest. 1146) lassen die Bedeutung seiner Herrschafts- und Siedlungspolitik deutlich erkennen. [21]

 

In unserem Raum baut auch er mit Hilfe seiner Vasallen und Ministerialen allodiale Rodungsherrschaften (Eigenbesitz) aus.

In diesem Zusammenhang drang er am Ende des 11. und im beginnenden 12. Jahrhundert auch entlang der von Nürnberg und Amberg über Köblitz und Waidhaus nach Böhmen führenden Altstraße“ [22] in den der Mark Nabburg vorgelagerten Grenzraum gegen Böhmen vor.

Wittschau, Bernrieth bei Döllnitz, Lohma, Waidhaus und Tännesberg waren Sitze diepoldingischer Ministerialen, die hier ihre Rodungsherschaften ausbauten. [23]

Die adeligen Vasallen, die edelfreien Geschlechter der Leuchtenberger und Döllnitzer, waren zunächst nicht Konkurrenten, sondern Stützen der markgräflichen Territorialisierungsbestrebungen.

 

Im zwölften Jahrhundert wird die herrschaftliche Erschließung des Nordgaus dadurch deutlicher erkennbar, dass nun zahlreiche Geschlechter des Adels („Edelfreie“) der Gewohnheit folgen, ihrem Personennamen den Namen ihrer Stammburg oder eines wichtigen Besitzortes anzufügen. [24]

 

Sehr bald erkannten sie, dass sich das königliche Bodenregal, dem herrenloses Waldland unterlag, von dem durch die Wirren des Investiturstreits geschwächten Königtum nicht durchgesetzt werden konnte und es entbrannte durchaus ein Wettkampf um sogenannte allodiale Eigenherrschaften (allodial = dem Lehensträger persönlich gehörender Grund und Boden).

 

Zu den edelfreien Geschlechtern in unserem Raum gehörten die schon genannten Vasallen der Sulzbacher Grafen, die Rackensteiner, sowie die edelfreien Geschlechter der Döllnitzer und Leuchtenberger, die zu den Lehensmännern bzw. Vasallen der Diepoldinger Markgrafen zählten.

 

 

Gebhard I. von Leuchtenberg

 

Der erste Leuchtenberger, den wir namentlich kennen, ist Gebhard I. (= 1146).

 

Er nennt sich nach der Burg über der Luhe und ist erstmals im Jahre 1118 urkundlich nachweisbar. [25] Er erscheint als Zeuge bei einer Schenkung des Markgrafen Diepold III. an sein im Aufbau befindliches Kloster in Reichenbach am Regen. Aus der Zeugenliste geht hervor, dass er nicht zu den Ministerialen (Dienstmannen) des Markgrafen gehörte, sondern zu den Lehensmännern, den Vasallen des Markgrafen Diepold III. zählte

 

Die Leuchtenberger hatten also zunächst als Vasallen des Markgrafen Diepold III. eine kleine Herrschaft im Bereich der Burg, nach der sie sich nannten, als markgräfliches Lehen inne. [26]

 

Über seine Herkunft, seine Eltern ist nichts bekannt, aber über seine Ehefrau "Helwica oder Heilwig" und seinen Schwiegervater, den schon anfangs erwähnten reich begüterten Dynasten Friedrich von Hopfenohe-Pettendorf-Lengenfeld, wissen wir aus der Ensdorfer Klosterchronik [27].

Obwohl wir also über seine Vorfahren keine urkundlichen Überlieferungen haben, kann aus den verwandtschaftlichen Beziehungen seine damals schon große Bedeutung auf dem Nordgau abgeleitet werden. Gebhard I. war über den schon genannten Schwiegervater auch Schwager des bayerischen Pfalzgrafen Otto V. von Scheyern-Wittelsbach [28].

 

Nachdem die Herren von Hopfenohe um 1115 [29] im Mannesstamm ausstarben, kamen die ausgedehnten Besitzungen vor allem an die Scheyern-Wittelsbach sowie ein bedeutender Teil in der nördlichen Oberpfalz an die Leuchtenberger, die u.a. in den Waldecker Besitz eintraten und sich auch danach benannten.

 

Als Vermächtnis des verstorbenen Schwiegervaters Friedrich von Hopfenohe stifteten im Jahre 1121 die Wittelsbacher (Pfalzgraf Otto V. von Wittelsbach) das Kloster Ensdorf im Vilstal südlich von Amberg [30].

Am 25. Juli 1123 wurde die Kirche des Klosters von keinem Geringeren als Bischof Otto von Bamberg geweiht. Wir dürfen annehmen, das Gebhard I. von Leuchtenberg bei der Weihe in Ensfeld anwesend war.

 

Als Gebhard I. 1146 starb, wurde er im Kapitelsaal von Ensdorf neben seinem Schwiegervater, dem Stifter des Klosters, begraben; und dort fanden auch die 1166 gestorbene Heilwig und ihre Söhne Friedrich und Gebhard ihr Grab. [31]

 

 

Fassen wir zusammen:

 

Wenn auch im Jahre 1124 im damaligen Vohendreze sicher keine 6 000 Menschen den später heilig gesprochenen Bischof Otto von Bamberg empfangen und umjubelt hatten, so war die zu weihende Kirche aber auch nicht mehr im siedlungsfreien Waldland erbaut worden.

 

Sicher war schon vor der bairischen Landnahme der östliche Nordgau von einer „keltischen, durch verschiedene germanische und wohl auch slawische Einflüsse überformten Bevölkerung bewohnt“. [32] 

 

Auch die Altstraßen, die unser Gebiet in West-Ost-Richtung durchqueren, fast parallel nördlich und südlich des Gemeinwesens Vohendreze verlaufend, waren sicher schon vor dem Landesausbau des 11. Jahrhunderts zur Versorgung des hier verlaufenden Handelsverkehrs zumindest sporadisch besiedelt.

 

Aus den Gewässernamen, die häufig mit gleichlautenden Ortsnamen einhergehen, lässt sich auch eine frühe slawische Besiedlung ableiten. Über deren Herrschaftsformen wissen wir noch recht wenig, vielleicht helfen die archäologischen Befunde von Speinshart, Barbaraberg u.ä. Orten in Zukunft weiter.

Einen starken Bevölkerungszuwachs brachte auf jeden Fall der Landesausbau des 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts in unseren Raum, nachdem es im Naabtal und an den Unterläufen der Naabnebenflüsse sowie den ersten Höhenzügen des östlichen Naabgebirges zu eng geworden war.

 

Der Raum des ehemaligen Vohenstraußer Altlandkreises zwischen Naab und böhmischer Grenze, an den Flussläufen der Luhe und der Pfreimd, entlang der Altstraßen von Köblitz nach Waidhaus sowie von Luhe über Michldorf und Tresenfeld nach Böhmen war attraktiv genug, dass die bedeutendsten Dynastengeschlechter des Nordgaus bei deren Kolonisation in Konkurrenz traten.

An den häufigen Ortsnamen mit der Endung –reuth und –rieth in unserer engeren Heimat lassen sich diese  immensen Anstrengungen heute noch nachvollziehen.

 

Die diepoldingischen Markgrafen, das Grafengeschlecht der Sulzbacher und die emporstrebenden Leuchtenberger teilten sich im Wesentlichen den vorhandenen Kuchen auf. Um ihre Herrschaft auch äußerlich zu demonstrieren, bauten sie nicht nur Burgen, sondern auch Kirchen als Lebensmittelpunkt ihrer volkreichen Hintersassenverbände.

Auch dabei treten wieder zwei führende Adelsgeschlechter  in  Konkurrenz:

Der Edle Gebhard I. von Leuchtenberg, Vasall des Markgrafen Diepold III. und Graf Berengar von Sulzbach.

 

Wir wissen leider nicht, wer bei der Kirchenweihe in Vohendreze alles anwesend war. Bei der Gläubigkeit der Menschen des Mittelalters, der Wichtigkeit einer Konsekration im  bis dahin kirchenleeren Raum, dürften alle Adeligen mit Vasallen,  Ministerialen und Hintersassen an der Feier teilgenommen haben, zumal eine so prominente Person wie Bischof Otto von Bamberg nicht allzu oft in der Gegend zu erwarten war.

 

In den kurzen Beschreibungen der Bamberger bzw. Michelsberger Mönche wird allerdings Graf Berengar von Sulzbach, obwohl der Ranghöhere, im Gegensatz zu Gebhard I. von Leuchtenberg nicht erwähnt. Vielleicht hat er sich entschuldigen lassen aus gesundheitlichen Gründen (er starb ein Jahr später) oder wegen dringenderer Amtsgeschäfte, er war ja enger Vertrauter von Kaiser Heinrich V. (der ebenfalls als letzter Salier ein Jahr später starb). Man kennt das ja, möglicherweise hat er sich von einem Vasallen, vielleicht dem Rakendorfer oder von einem seiner Ministerialen, vielleicht dem Burghüter der Burg Floß vertreten lassen. Aber das ist nun reine Spekulation.

 

 

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Verwendete Literatur

 

Bernd, Dieter, Historischer Atlas von Bayern, Altbayern, Vohenstrauß, 1977

Frischholz, Hans u. Würschinger, Otto u.a., Vohenstrauß im Wandel der Zeiten, Vohenstrauß 1978

Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, Heft VIII, Bezirksamt Vohenstrauß, Oldenbourg: München 1907

Lexikon der deutschen Geschichte, Stuttgart: Kröner 1979

Spindler, Max (Begr.); Kraus, Andreas (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 3, Teilbd. 3, Geschichte der Oberpfalz, Beck 1995

Wagner, Illuminatus, Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg, I. Teil, Laßleben 1952

Wappmann, Volker, Zur Geschichte von Altenstadt bei Vohenstrauß, in Oberpfälzer Heimat Bd. 22, Weiden 1978, S. 85-90

 

 

 

Fußnoten 

(zurück durch Anklicken der Fußnotenziffer in eckiger Klammer)

 

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[1] Wagner, S. 8 (allerdings schreibt Wagner den zitierten Bericht dem Mönch Ebo zu, im Gegensatz zu Wappmann und Hoffmann/Hager in Die Kunstdenkmäler), s.a. Wappmann, S. 86, s.a. Kunstdenkmäler, S. 38

[2] Wagner, S. 8, Rest des Textes: Wappmann, S. 86

[3] Wagner, S. 8, Fußnote10: Joh. Looshorn, Geschichte des Bistums Bamberg II. Bd., München 1888, S.213

[4] Wagner, S. 8

[5] Anm.: Schutzpatron der Kirche in Michldorf war der hl. Ulrich, Diepoldinger kamen aus dem schwäbischen Raum

[6] Bernd, S. 68

[7] Spindler, S. 45

[8] Anm.:Markgraf Heinrich von Schweinfurt hatte sich 1003 gegen Kaiser Heinrich II. erhoben

[9] und der Luitpoldinger

[10] Spindler, S. 45-46

[11] s.a. Kopf, Die Vogtei und das Bambergische Amt Vilseck, , in VHVO 1931, S.51-60 u. Gack, Georg Christoph, Geschichte des Herzogthums Sulzbach, Leipzig 1847, S. 48 ff.

[12] Bernd, S. 13

[13] Spindler, S. 28, Anm.: Die direkte Abstammung von dem im Jahre 1007 erstmals erwähnten  Berengar, des Stammvaters der Grafen von Sulzbach , wie Bernd im Historischen Atlas schreibt, ist allerdings nicht unmittelbar nachweisbar.

[14] Spindler, S. 287, Graf Berengar (ca. 1080-1125) war enger Vertrauter Kaiser Heinrichs V. (1081 o. 1086-1125)

[15] Spindler, S. 28

[16] Bernd, S. 70, Anm.: Laut Bernd und mehrerer anderer Autoren hatte „Die Kirche in Altenstadt [...] den hl. Ägidius zum Schutzpatron, der besonders auch in Bamberg verehrt wurde“. Im Sulzbacher Kalender von 1856

[17] Heinrich III., dt. Köig u. Kaiser, 1017-1056, Sohn König Konrads II. und der Gisela, 1028 zum König gekrönt, belehnt mit dem Herzogtum Bayern 1027, Abt Hugo von Cluny war Taufpate seines 1050 geborenen Sohnes und Thronfolgers Heinrich IV.  (Lex.d.dt.Gesch., Kröner Stuttgart, 1979)

[18] Bernd, S. 15 u. S. 28

[19] Bernd, S. 27

[20] Bernd, S. 28, Roggenstein, 1150 Adalbert de Rakindorf

[21] Spindler, S. 27

[22] Bernd, S. 32

[23] Bernd, S. 32

[24] Spindler, S. 30

[25] Bernd, S. 19

[26] Bernd, S.21

[27] Wagner, S. 5

[28] Anm.: Der genannte Pfalzgraf war Vater des bayerischen Herzogs Otto I. (1120-1183), damit Stammvater des bayerischen Herrscherhauses.

[29] Anm.: Bei Wagner (S. 6) wird das Todesjahr von Friedrich von Hopfenohe mit 1119 angegeben. Ebenso Kunstdenkmäler, S. 39

[30] Spindler, S. 29

[31] Kunstdenkmäler, S. 39

[32] Spindler, S. 9