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Peter Staniczek

 

Anmerkungen zum Osterbrauchtum des Palm-Kreuzlsteckens (1992)

 

 

Die Lokalzeitungen sind wieder voll mit Berichten über praktiziertes Osterbrauchtum, wie der unten abgebildete Bericht aus dem Neuen Tag vom 12. April 2003 exemplarisch zeigt. 

Weitgehend unbekannt gewordenes Brauchtum wird wieder "zum Leben erweckt" und - wie so oft - dabei kommerzialisiert. "Traditionelle" Palmbuschen werden fast im Fließbandverfahren produziert und verkauft, wenn auch für einen guten Zweck. Brauchtum muss nicht mehr selbst gepflegt werden, sondern lässt sich bequem - auch weil es Mode ist - erwerben. Trotzdem gibt es den echten Brauch auch noch, auch wenn er nur im Verborgenen blüht.

 

Der Volkskundler Harald Fähnrich aus Beidl hat sich in den Streifzügen 12/1992 schon damit beschäftigt, in gekürzter Form wird seine Darstellung dem Zeitungsbericht gegenüber gestellt. Dazu einige eigene Anmerkungen zu diesem Brauchtum aus dem Jahre 1992.

 

WINTERGRÜN" IM PALMBÜSCHEL

- ein sterbender bäuerlicher Brauch

von Harald Fähnrich

 

Zwei Bäuerinnen aus der Pfarrei Moosbach erzählten 1990 unabhängig voneinander, wie sie den Palmbüschel für die "Weihe" am Palmsonntag hergerichtet haben […] Sie sammeln das "Wintergrün" in ihrem eigenen Wald, wo es hie und da in Flecken wächst. Es gibt nicht mehr viel davon. Deshalb nehmen sie nur noch wenig "Wintergrün" und mehr Preiselbeerkräuter als Ersatz. Und so wird ein Palmzweig geschmückt:  

 

Mit einem spitzen Messer wird ein Palmzweig zweimal oder dreimal der Länge nach mit einem kurzen, messerbreiten Schlitz versehen. Dieser wird mit dem Messer aufgeklappt und durch das vorbereitete Zweiglein Wintergrün (so um die 3 cm lang) geschoben und gezogen, bis es rechts und links etwa gleichlang herausschaut.

 

Ein geweihter Zweig kommt hinters Kreuz. Die Palmzweige werden bis in die Tage nach Ostern aufgehoben für die Feldweihe. Dazu braucht man noch aus Spänen zusammengesteckte Kreuzchen vom Holz, welches im Osterfeuer durch Anbrennen geweiht wurde. Bei Familie St. kommt an drei oder 4 Feldecken je ein kleines geweihtes Kreuzchen, dem ein geweihter Palm (mit Wintergrün bzw. Preiselbeerkraut) beigesteckt ist, bespritzt mit Oster(weih)wasser. […]

 

Sie heißt "Pyrola secunda" oder "Orthilia secunda" - zu deutsch "Einseitswendiges Birngrün" (weil die Blättchen denen des Birnbaumes stark ähneln) oder "Nickendes Wintergrün".

 

Weitere Brauchtumspflanzen

 

Der "Elzer" - "Echte Traubenkirsche" - ist eine ebenso rare Brauchpflanze geworden. [...] Man kann heute sagen, wo der "Elzer" unbekannt ist, ist das "Wintergrün" im Brauch bekannt und umgekehrt. Und eine dritte im Palmbüschel traditionelle Pflanze ist noch rarer: Es ist das "Hirschenkraut" [...] es handelte sich um die Pflanze "Flacher Bärlapp" - ein "teilweise geschütztes" Bärlappgewächs."

 

 

     

gefunden am Fahrenberg

 

 

 

 

Auf Grund des Artikels "WINTERGRÜN" IM PALMBÜSCHEL - ein sterbender bäuerlicher Brauch" von Harald Fähnrich in den Streifzügen 12/1992 habe ich selbst einige Nachforschungen im Altlandkreis Vohenstrauß, speziell im Eslarner Raum unternommen. Einiges aus den mündlichen Ergebnissen habe ich dem Artikel als ergänzende Anmerkung angehängt:

Bei einer Wirtshausratscherei im März 1992 kamen wir in der "Schanz" (bei Eslarn) auch auf das "Wintergrün" zu sprechen. Was mir auffiel, war zunächst die Aussprache „Wintergrou'" statt des erwarteten "Wintergre´i'". Die Wirtin zeigte uns einen Palmzweig vom letzten Jahr mit dem eingezogenen Wintergrün-Zweigerl, das von eingeweihten Kennern heute noch bei Eslarn gefunden wird. Ersatzweise werden auch Zweige vom Preiselbeerkraut, dem ebenfalls selten gewordenen "Hirschenkraat" oder dem in vielen Gärten allgegenwärtigen Thujastrauch akzeptiert. Zum schon erwähnten "Kreizl-Steckn" wurde von einem Gast auch erwähnt, dass man an Pfingsten ähnlich wie an Ostern zum zweiten Mal Kreuzchen mit Palmkätzchenzweigen, die noch von der Karwoche aufgehoben worden waren, an die Feldecken steckte. Dies sei an Feldern mit dem Sommergetreide geschehen.

 

Die geweihte Asche übrigens, mit der am Aschermittwoch das Aschenkreuz auf die Stirn der Gläubigen gezeichnet wird, stammt von den Palmzweigen des Vorjahres, die nicht weggeworfen werden. Diese zunächst unklare Herkunft wurde spontan durch einen Anruf beim örtlichen Mesner geklärt.

 

Nun noch einige Beobachtungen, die ich am Ostermontag bzw. am Dienstag danach in der Flur machen konnte. Bei einer Rundfahrt mit Auto und Fahrrad durch den Altlandkreis Vohenstrauß suchte ich mit meiner Frau Elisabeth vor allem Felder mit Wintergetreide. Das geschah nicht sehr systematisch und vollständig, doch mit wachsender Begeisterung.

Fündig wurden wir in mehreren Fällen, was aber nicht heißt, dass es noch mehr Brauchtumsorte dieser Art geben könnte:

 

 

zu 1.

 

1. Kalvarienberg bei Oberlind (Stadt Vohenstrauß):

   - an einem Feldeck ein Holzkreuz + Palmzweig;

     sonst im Oberlinder Raum kein Fund;

   - eine Befragung von Oberlinder Schülerinnen ergab in Bezug auf

     Osterbrauchtum

     + den Emmausgang zum Kalvarienberg

     + den "Judas" verbrennen (Holz für Kreuze anbrennen)

     + Palmkreuze werden im folgenden Jahr für Aschenkreuz

       am Aschermittwoch verwendet

     + Palmzweig hinters Stubenkreuz

     + "Karfreitag koin Regn, s' ganz Jouar z'weng"

       (Karfreitag kein Regen, das ganze Jahr zuwenig!)

     + Palmesel ist, wer zuletzt am Palmsonntag aufsteht;

 

2. Zwischen Kleinschwand (Gemeinde Tännesberg) und Schwanhof

   Richtung Voitsberg) auf der südwestlichen Seite:

   - nur ein Palmzweig (einfach) an zwei Feldecken, andere Ecken

     waren nicht einsehbar;

 

zu 3.

3. Zwischen Tröbes und Ragenwies (Gemeinde Moosbach) das Feld

   nordöstlich des Bauernhofes an der rechten Straßenseite bis zum

   Waldrand:

   - Holzkreuz mit zwei senkrecht zueinander stehenden Querbalken,

     einer als Palmzweigerl, einer aus Holz;

   - laut Aussage der Bäuerin werden die Palmkreuzeln vom Mann und

     den Kindern gesteckt, an allen vier Ecken der Felder

     (Wintergetreide an Ostern, Sommergetreide an Pfingsten)

 

4. Paßenrieth (s. 7.)

 

 

zu 5.

 

5. Zwischen Gmeinsrieth und Premhof (Gemeinde Eslarn) auf der

   linken Straßenseite:

   - Holzkreuz mit zwei senkrecht zueinander stehenden Querbalken,

     einer als Palmzweigerl, einer aus Holz;

     Holz deutlich angeschwärzt;

 

 

zu 6.    zu 7.

 

6. Zwischen Rohrhof und Riedlhof (Gemeinde Eslarn), Felder

   westlich der Straße, nördlich des Loisbachs bis zum ersten Hof

   - Holzkreuzl + langer Palmzweig

     an drei Feldecken, damit laut Aussage der alten Bäuerin der

     Bilmesschneider entweichen kann;

     (Wintergetreide an Ostern, Sommergetreide an Pfingsten)

 

7. Paßenrieth (Gemeinde Eslarn), die Felder zum Hof Passenrieth 3

   gehörig (Kleber Johann);

   - jeweils Holzkreuzln mit zwei senkrecht zueinander stehenden

     Querbalken, einer als Palmzweigerl, einer aus Holz (wie 3. u.

     5.); beobachtet habe ich diese Form an vier Feldern;

   - Besonderheiten:

     + bei einem Feld war ein Kreuzl nicht mit einem Palmzweigerl

       versehen, sondern mit einem andern Zweigerl, leider konnte

       sich der Bauer nicht mehr erinnern, was es war. Wintergrün

       und Hirschenkraut war ihm vertraut, aber im Frühjahr 1992

       nicht gefunden worden.

     + an einem Feldeck fand ich zu meiner Verwunderung zwei

       Palmzweige, von denen einer richtig, der andere verkehrt-

       herum hineingesteckt war. Die Aufklärung durch die

       Bauersleute ergab, dass die Enkel bemerkt hatten, dass die

       Zahl der Holzkreuzln, die zu Hause gefertigt worden waren,

       nicht ausreichte, deshalb improvisierten die Kinder selbst

       am letzten Feldeck ("spontane Variation").

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