Stephanie Schober, Redakteurin

in den Oberpfälzer Nachrichten, 12.02.99, abgedruckt in Streifzüge 21/1999, S. 35

Bilder: Peter Staniczek, eigener Text grün!

 

 

Ältestes Totenbrett des Landkreises

nunmehr Anbringung an der Stadelwand!

   

Außergewöhnlicher Fund bei Eslarn / Für Heimatpfleger Staniczekein Highlight 

 

  ESLARN. Nur wenige Totenbretter stehen heute noch im Landkreis am Wegesrand. Das Brauchtum wird nicht mehr gepflegt und die Originale sind längst durch Kopien ersetzt worden. Umso wertvoller der Fund, der nun bei Renovierungsarbeiten an der Passenriether Kapelle zutage trat: Ein Original-Totenbrett aus dem Jahr 1884.[1]

Gefunden wurde das wohl älteste Totenbrett im Landkreis bereits im Herbst letzten Jahres. Den damals anwesenden Helfern, alles Mitglieder des Oberpfälzer Waldvereins Eslarn und Kapellenbesitzer Karl Kleber, wäre das Brett fast auf den Kopf gefallen. Einer von ihnen, Josef Bauer, erinnert sich: „Wir hatten ein Loch in der Decke entdeckt. Bei näherer Betrachtung löste sich das Holzbrett und fiel herunter." Das immerhin fast 1,60 Meter lange Stück verfehlte die Arbeiter nur knapp

  

Was nun, war die Frage, die sich nicht nur Bauer anschließend gestellt hatte, als er die Schriftzüge und bunten Darstellungen auf der Oberseite sah. „Wir wussten, dass sich der Kreisheimatpfleger mit so was auskennt und so brachten wir den Fund schließlich zu ihm," sagt Josef Bauer. Und so kam das wertvolle Stück noch am selben Tag zu Peter Staniczek, der als Konrektor an der Grund- und Hauptschule in Eslarn unterrichtet.  (Anm.: seit 2000 wieder an der Hauptschule in Vohenstrauß)

Freudentag für Staniczek

Staniczek erinnert sich mit Freude an diesen Tag. „Das war ein echtes Highlight für einen Kreisheimatpfleger. So etwas kommt nicht alle Tage vor." Natürlich habe er sich gewundert, als die Männer mit dem Fund vor der Tür gestanden haben. Doch erkannte er schnell, dass er hier ein Totenbrett im Originalzustand vor sich hatte. „Das Erstaunliche daran war vor allem, dass es trotz seines Alters gut erhalten war", sagt Staniczek. Seiner Meinung nach, könnte es sogar das älteste gefundene Stück in der Oberpfalz sein.

  

Um es vor größerem Schaden zu bewahren, brachte es der Kreisheimatpfleger in der Zwischenzeit nach Waidhaus zu Schreinermeister Ludwig Janisch. Bei dem ausgebildeten Restaurator wusste Staniczek das Stück in besten Händen. Janisch selbst hat, wie er im Gespräch mit den ON erzählt, noch nie ein Totenbrett restauriert. Sein Metier seien eher alte Möbel. „Das Holz war erstaunlich gut beieinander, die Schrift noch lesbar", sagt Janisch. Vorsichtig habe er das Holz vom Staub befreit. Zur Stabilisierung des ganzen Brettes, es durchzieht ein langer Riss, sei auf der Rückseite ein schwaches Brett aufgeleimt worden, das jederzeit wieder entfernt werden könne. Mehr sei nicht nötig gewesen.

Mittlerweile befindet sich das 115 Jahre alte Totenbrett wieder bei Staniczek in der Schule. Von Hausmeister Hans Kaiser habe er an der Rückseite eine Aufhängevorrichtung anbringen lassen, so der Kreisheimatpfleger. Denn das Original soll bald wieder einen gebührenden Platz in der Kapelle einehmen. „Dort gehört es hin, anstatt in irgend einem Museum ausgestellt zu werden." 

Regionales Brauchtum

Mit der Geschichte von Totenbrettern, auf denen früher die Verstorbenen bis zur Beerdigung aufbewahrt wurden, kennt sich der gebürtige Eslarner[2] aus. Selbst hat er schon unzählige Vorträge gehalten und Artikel verfaßt. „Bis nach dem zweiten Weltkrieg ist das Brauchtum bei uns vor allem im Altlandkreis Vohenstrauß gepflegt worden," sagt er. Regionale Besonderheiten waren typisch. „In unserem Raum werden Totenbretter zum Beispiel waagrecht angebracht, im Raum Oberviechtach sind sie senkrecht aufgestellt," sagt Staniczek. Verwittert das Holz, wird der Verstorbene aus dem Fegefeuer befreit.

Die Behörden betrachteten die von den Hinterbliebenen aufgestellten Bretter am Wegesrand zunehmend als Aberglauben und entfernten sie. „Die Flurbereinigung tat ihr übriges dazu," so Staniczek. Der Fundort des Originals von 1884 sei für ihn nicht ungewöhnlich. Passenrieth liege an der Strecke eines alten Totenwegs nach Eslarn. Vermutlich beim Bau der kleinen Kapelle (im Volksmund Deins'n-Kapelle genannt) Anfang dieses Jahrhunderts, seien die Totenbretter, Staniczek vermutet mehrere an dieser Stelle, entfernt worden. Zumindest das Fundstück sei zum Bau für die Kapellendecke  verwendet worden.

Zum Glück mit der bemalten Seite nach oben befestigt, sonst wäre die Schrift nicht so gut erhalten.

Handwerkliche Feinarbeit

Ungewöhnlich findet der Heimatkundler die in der Region wenig verbreitete Darstellung eines religiösen Motivs in der Mitte des Totenbrettes. Es zeigt den heiligen Josef, in diesem Fall den Schutzpatron des Verstorbenen. Auf der rechten Seite stehen die Todesdaten: „Andenken an den Tugendsamen Joseph Schwindler, Bauer von Baßenried, geb. 20.10.1825, gest. 29.2.1884"[3]. Rechts neben dem Bild ein Spruch[4] aus der Bibel. „Der Handwerker hat sich bei der Ausgestaltung des Totenbrettes viel Mühe gemacht," so Staniczek.

Das gefundene „Denkmal" will der Heimatpfleger auf jeden Fall in einer der nächsten „Arnika"-Ausgaben des OWV näher vorstellen. Außerdem denkt er über einen Beitrag im Internet nach. Auch seine Schüler haben schon profitiert. Für sie ließ Staniczek anhand des Totenbrettes die Geschichte der Region im Unterricht lebendig und greifbar werden.

 

Anmerkung: Leider hielten sich die Verantwortlichen des OWV Eslarn nicht an die Vereinbarung, das Brett in der "Deinsn-Kapelle" - dem Fundort - an würdiger Stelle anzubringen, denn in der Kapelle wäre das wertvolle Brett vor der Witterung geschützt gewesen. 

 

Das Totenbrett wurde ohne Rücksprache der Familie Eichstätter in Passenrieth Hs.-Nr. 2 - Hausname Schwingler - übergeben, wo es reichlich deplaziert für ein Totenbrett im Hofbereich an der Stadelwand angebracht worden ist. 

 

Das Brett wurde der Familie Eichstätter wohl deshalb übergeben, weil sie direkte Nachkommen des auf dem Totenbrett genannten Joseph Schwindler sind. Das "Schwingler-Anwesen" lässt sich laut Dr. Josef Hanauers Eslarner Häusergeschichte  (S. 583-584) bis 1578 zurückverfolgen, hat also eine lange Tradition. Von 1585 bis 1971 lässt sich der Name Schwindler in ununterbrochener Reihenfolge auf dem Haus nachweisen. 

So lange wird sich das wertvolle Totenbrett auf dem Hof nicht halten - schade um das außergewöhnliche Denkmal!

 


[1] Anm. Staniczek: Das älteste mir bekannte, datierte Totenbrett ist bei der Ortschaft Oberlangau (Landkreis Schwandorf) zu finden. Lesbar sind dort noch die Daten „Theresia Hermann ... gest. 1882“. Laut Harald Fähnrich „gehört es zu den ältesten Totenbrettern des untersuchten Raumes! Neben Oberndorf 1887 (Pfarrei Stadt Kemnath, Landkreis Tirschenreuth) das älteste erhaltene Brett mit Spruch.“ - Siehe auch:

- Peter Staniczek, Totenbretter in der Langau, in BFO, 1985, S. 92ff

- Peter Staniczek, Ruhebrett des achtsamen ..., in Die Arnika, 4/1986, S. 176-185

- Harald Fähnrich, Totenbretter in der nördlichen Oberpfalz, Tirschenr. 1988, S. 212-218, Bestandsaufnahme Lkrs. Neustadt/WN S. 164-193

- Peter Staniczek, Der Hergott auf dem Feld, Heimatk. Arbeitskreis Voh., 1990, S. 45-50

 

[2] Anm. Staniczek: Ich bin zwar Eslarner, aber kein gebürtiger, Geburtsort war Beilngries/Altmühl.

 

[3] Anm. Staniczek: Der genaue Text heißt: „Andenken / an den Tugendsamen Joseph Schwindler / Bauer von Baßenried gst. Den 29 Fb1884 / gb.den 20 Okt 1825“. In der Häusergeschichte der Marktgemeinde Eslarn von Dr. Josef Hanauer (1985, S.583) steht als Geburtsdatum interessanterweise der 3.9.1825.

 

[4] Anm. Staniczek: Der Spruch lautet: „Ach unser Vater Lebt nicht mehr / sein Platz in Haus ist nun lehr / Er reicht uns immer seine Hand / Gott zerris das Schöne Land“. Das Brett ist weiß gestrichen, der Text und die Umrahmung (Dreiteilung) sind schwarz. Das Bild in der Mitte ist farbig gehalten.

 

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