Peter Staniczek

 

WURSCHTSUPPNFOARN BEIM PAUSCHN IN OBERLIND

Altes Brauchtum wieder ausprobiert

 

 

Der Uschold Konrad von Oberlind, Hausname "Pauschn", tut sich recht um. Was Hilfe in der Heimatpflege betrifft, findet man bei ihm immer ein offenes Ohr, deshalb reagierte ich auch trotz der Geburtstagsfeier eines Freundes sofort, als er mir am Telefon etwas über das "Wurstsuppenfahren" berichtete, das als Brauchtum in Oberlind wieder zum Leben erweckt werden sollte.

Das Spießrecken, wie es früher häufig an Hochzeiten üblich war, kannte ich schon, Wurstsuppenfahren war mir neu.

Gleich nachdem ich in Oberlind beim Pauschn ankam, man hatte am gleichen Tag geschlachtet, kamen auch schon die Wurstsuppnfahrer: zwei Männer, mit einem großen Fell als Esel verkleidet, trugen einen kleineren maskierten Reiter, dessen mit der Zeit zunehmend schwerere Last der hintere Teil des Esels zu tragen hatte.

Der Reiter hielt eine Schüssel mit "Seiher", eine weitere verkleidete Begleitperson, der Eselführer, einen Schöpflöffel.

Durch die Unruhe aus dem Haus gelockt, erschien nun der Bauer, unser Konrad Uschold, und wurde auch gleich mit folgenden Reimen vom Eseltreiber angebettelt:

"Wir ham ghört, ihr habt gschlacht

und habts recht viel Würscht gmacht.

                        Wir bitten dich und deine Frau,

                        gebt uns was ab von eurer Sau.

Die Blutwürscht wolln mer nicht begehrn,

denn die essen die Hausleut selber gern.

                        Der Konrad ist ein guter Mann,

                        der schneidet gleich den Pressack an.

Die Bäurin ist a gute Frau,

sie gibt uns gleich die halbe Sau.

                        Denn wir wollen das Schwein nicht ganz,

                        sondern nur das Stück vom Kopf bis zum Schwanz."

Nach diesen Worten hielt er dem Bauern die Schüssel mit dem Durchschlag (Seiher) hin, weil der flüssige Anteil der Wurstsuppe aus dem großen Topf anscheinend weniger gefragt war. Nachdem Blut- und Leberwürste sowie das Kesselfleisch gefasst waren, spendierte der Bauer noch einen frischen Laib Brot zusätzlich, wonach sich die Wurstsuppenfahrer recht herzlich bedankten und verabschiedeten.

 

Natürlich setzten wir uns danach alle zusammen, zumal uns der Konrad zur Schlachtschüssel einlud: der Uschold Hans und der Kellner Karl, die den Esel markierten, der reitende Uschold Mathias, der Eseltreiber Hans Schieder, von dem auch der überlieferte Bettelspruch stammte und die ganze Familie Uschold.

Man erinnerte sich daran, dass in früheren Jahren die so in Ober- und Unterlind erbettelten Würste und das Fleisch anschließend üblicherweise im Wirtshaus verzehrt wurden. Der Konrad kannte noch ein weiteres Sprücherl:

 

"Mir hom heit ghert,

dir houts a grouße Sau damehrt.

Mir walln niat vül,

mir wallns niat ganz,

mir walln bloß des Stickl

zwischen' Kopf und an Schwanz."

 

Das Büchlein "Lebendiges Brauchtum der Oberpfalz" des Oberpfalzvereins, herausgegeben in Weiden 1983, vermeldet den Brauch des Wurstsuppenfahrens ebenfalls für die Orte Neuhaus (Wurstfahrer oder Wursthansl), Beidl (Wünsche werden auf einem Zettel mitgeteilt, um nicht reden zu müssen), Mantel (Wursthanslgehn), Matzlesberg (Wurstsuppenfahren) und Mühlberg/Pressath (Wurstpudern) mit weitgehend gleichen Reimen. Des weiteren fand ich einen Arti-kel in der Zeitschrift "Die Oberpfalz", Januar 1954, über altes lebendiges Brauchtum im Landkreis Eschenbach, verfasst von dem landw. Berufsschullehrer Karl Hübl, der aber das Wurstsuppenfahren (Wurstpudern) mit dem Spießrecken in einen Topf wirft, was von den Oberlindern aber streng getrennt wird.

 

Nicht unterschlagen möchte ich schließlich zwei vielsagende Verse der Matzlesberger, die den Gebrauch des Seihers nachdrücklich erhellen (aus "Lebendiges Brauchtum"):

"Ich will nicht baden und untertauchen,

drum kann ich keine Suppe brauchen."

 

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