| |
"Großer
Herrgott" und Kreenweiherl
Gemeinde:
Pleystein |
|
|
Objekt:
Großer Herrgott und Kreenweiherl |
Funktionsbereich:
Religion |
Elementtyp:
Wegkreuz |
Punktelement |
|
|
Beschreibung:
Der Neue Tag:
Pleystein. (tu) In
unmittelbarer Nähe der Kreisstraße Pleystein - Vohenstrauß, rund 300
Meter nach dem ehemaligen Bahnübergang Richtung Vohenstrauß, zieht auf
der rechten Seite des Waldviertels "Kreen" seit rund 120 Jahren
ein mächtiges Kreuz die Blicke der Verkehrsteilnehmer und Spaziergänger
auf sich - der "Große Herrgott". [...] Malermeister Josef Müllner
sanierte die beiden Kreuzbalken von Grund auf, während sich Tochter
Monika der Renovierung des Christuskörpers widmete. Die Kirchenmalerin
war begeistert von der "wunderschön aus Holz kreierten Figur".
Spenglermeister Thomas Schopper installierte das Kupferblech auf dem Dach.
Zwischenzeitlich steht das
Kreuz wieder an seinem alten Standort gegenüber dem legendären, seit den
60-er Jahren nicht mehr existierenden "Kreenweiherl".
|
Kulturhistorische Analyse:
Der neue Tag:
"Der geschnitzte Korpus
und das Kreuz befanden sich seit dem Frühjahr bis vor kurzem in der
Werkstätte der Handwerksfamilie Müllner in der Altstadt Pleysteins. Bei
dem Kruzifix handelt es sich um eine meisterliche Arbeit von Franz Gina um
1880."
Poblotzki:
"Der "Große
Herrgott" im Kreen steht mit der Sage "Der Freischuß" in
Verbindung. Das Kreuz gehörte früher der Stadtgemeinde Pleystein und
wurde von dieser unterhalten. Das jetzige Kruzifix ist eine Arbeit von
Franz Gina um 1880. Gina war in Floß geboren, lebte in Vohenstrauß und
arbeitete auf dem Finkenhammer als Hammerschmied. Durch einen Unfall wurde
er arbeitsunfähig und wandte sich der Holzschnitzerei zu, in der er
meisterhafte Werke schuf, von denen nur noch wenige erhalten sind. - Das
Kreenweiherl gegenüber dem Kreuz mußte (?)
bei der letzten Straßenbegradigung eingeebnet werden."
Entstehungsgeschichte des „Großen Herrgott" vom Weissenstein
Herr Georg Völkl sen. ("Weißensteiner Schorsch"), Weissenstein 1, geb. 1922, erzählt:
"Die Ehe meines Großvaters blieb lange kinderlos. Dann endlich wurde ihnen ein Sohn - mein Vater - geboren. Eines Tages, als der Bub 2-3 Jahre alt war, fuhr mein Großvater mit dem holzbeladenen Fuhrwerk den Weg hinauf zu seinem Bauernhof. Als der Junge ihn kommen sah, lief er ihm entgegen, um die letzte Wegstrecke noch auf dem Pferde-Fuhrwerk mitfahren zu können. Der Vater packte ihn während der Fahrt am Arm, um ihn zu sich hochzuziehen. Doch der kleine Bub entglitt seinem Griff, stürzte zu Boden, und die Räder des Gefährts überrollten den kleinen Körper in Höhe des Bauches.
Schwerverletzt brachten die Eltern ihren Sohn in das Weidener Krankenhaus. Hier machte man ihnen wenig Hoffnung, dass der Kleine überleben würde. In seiner Not gelobte der Vater, wenn der Bub wieder gesund wird, wird er den größten Herrgott aufstellen, den er bekommen kann.
Nach einem halben Jahr Krankenhausaufenthalt kam der Bub wieder nach Hause und wurde vollkommen gesund.
So erfüllte mein Großvater sein Gelübde und stiftete 1885 den „Großen Herrgott".
Weissenstein, den 12. November 2003"
(übermittelt von Frau Heidi
Müllner, Altstadt 52, Pleystein)
Familie Gina:
Um 1870 besitzt Franz Martin
Gina, Hammerschmiedgeselle, das Haus Nr. 52 (Hausname Gärtner ,
später Gina), heute Türkeigasse 3 (heute Schleicher). Nachfolger ist der
Musiker und Holzschnitzer Lorenz Gina ("da alte Gina").
1921/24 erscheint als Besitzerin Gina Lorenz´ Witwe. Therese Weiß
erzählte, dass Lorenz Gina auch Spielzeug für die Kinder schnitzte:
Apfelschimmel, Holzdoggen usw.
Haus Nr. 88 (heute Türkeigasse
16, Hausname Gina Lenz) gehörte 1870 einem Kaspar Gina, Schreinermeister
(möglicherweise ein Bruder des Franz Martin Gina). Um 1900 sowie um
1921/24 wird Lorenz Gina, ebenfalls Schreinermeister, als Nachfolger
erwähnt. (Streifzüge u. mündl. Überlieferung von Th. Weiß)
Frau Irmgard Uhlemann aus
Vohenstrauß war eine Enkelin einer "Gina" und erzählte, dass
die Ginas aus Tirol über Österreich und Böhmen nach Vohenstrauß kamen.
(Th. Weiß)
|
Bedeutung:
Das Kreuz steht an einem alten
Straßenverlauf: "Die Porzellanarbeiter von Pleystein sind in aller
Frühe noch in der Dunkelheit zu Fuß in Holzpantoffeln nach Vohenstrauß
in die Fabrik gegangen. Beim Großen Herrgotten ist es umgegangen."
(Bürgermeister Johann Walbrunn)
Poblotzki: "Nicht
eindeutig zu erklären ist der Flurname Kren. Dieser Name hat im
Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen erfahren und die ersten
Nennungen lauten Gerune und Grün. Um 1600 erscheint die Schreibweise
Kren, doch später wieder Gerüne. Möglicherweise ist das Wort von rinnen
abgeleitet: das Gerinn. Tatsächlich gibt es dort eine Menge von kleinen
Rinnsalen. Die Flur Großer Herrgott gehörte ursprünglich zum
Kren und wurde im 16. Jahrhundert zeitweise den Vohenstraußern als Weide
überlassen. Damals hieß diese Flur noch die Rornstetter Öd (Anm.:
Der Pleysteiner Bürgermeister Erhard v. Rornstat wurde in den Ritterstand
erhoben und war im 15. JahrhundertPflegher Pfandschaftsinhaber der
Herrschaft Pleystein. S. 681).
Die
Bezeichnung Großer Herrgott ist verhältnismäßig jung und
bezieht sich auf das Kreuz, das ursprünglich am Krenweiherl stand, das
bei der letzten Straßenbegradigung eingeebnet wurde. |
|
|
|
|
©
Bayer. Vermessungsverwaltung |
Der Freischuß
Es war im Jahre 1428, als ein Schwarm
hussitischer Böhmen in die Oberpfalz einbrach und über Waidhaus und
Pleystein einen Plünderungszug nach Vohenstrauß unternahm. Der bleiche
Schrecken zog vor den Hussiten her; Leichen, Brand und Verwüstung
zeichneten den Weg, den der ruchlose Haufe genommen.
Am Saum des Waldes zwischen Waidhaus und
Pleystein stand zu damaliger Zeit ein Jagdhaus, in dem Friczmann, ein
Jäger des Markgrafen von Amberg, wohnte. Friczmann befand sich gerade im
Walde, weitab von seiner Wohnung, als das hussitische Ungewitter sein Haus
verwüstete. Bei seiner Rückkehr traf er nur noch die rauchenden Trümmer
seines Heims und die arg zugerichteten Leichen von Weib und Kind vor der
Schwelle.
Der Jäger war zuerst wie niedergedonnert,
als er das Unglück sah, das ihn heimgesucht hatte. Dann aber kochte und
brodelte heißer Zorn in seiner Brust und blutige Rachsucht erfüllte sein
Herz. Er wollte den Räubern seines Glückes nachziehen und an ihnen seine
Wut kühlen. Zuvor aber schaufelte er im verschwiegenen Waldesdunkel ein
stilles Grab und senkte darein die sterblichen Überreste der Liebsten,
die er auf Erden besessen hatte. Dann folgte er der grausigen Spur der
hussitischen Räuberbande. Pleystein lag in Trümmern und brannte an allen
Ecken; aber seine Zerstörer waren schon weitergezogen. So hielt auch der
Jäger nicht an, ging um das lodernde Mal feindlicher Unmenschlichkeit und
eilte auf der Straße nach Vohenstrauß weiter. Es war finstere Nacht
geworden, als der Jäger den Kreuzweg erreichte, wo ein hölzernes
Christusbild stand, mit einem morschen Betschemel davor. Auf der anderen
Seite des Weges lag ein Wassertümpel, der ölig glänzte, wenn der Mond
zwischen den zerrissenen Wolken ein paar bleiche Strahlen herabsandte.
Schilf säumte die faule Lache und hohes Gras deckte den Raum zwischen dem
Weg und dem Tümpel. Dem erschöpften Jäger versagten die Kräfte, als er
zum Kreuzweg gekommen war. Er ließ sich ins hohe Gras sinken, um ein
wenig auszuruhen. Kaum aber hatte er haltgemacht, so ging ein Zittern
durch die Bäume des Waldes, die Laubkronen fingen an zu rauschen, die
Äste schwankten und dann fuhr ein rasender Sturm durch den Wald, der die
riesigen Stämme bog und schüttelte, als wären es schwache Ruten. Eine
rotgesäumte Wolke kam wie die Windsbraut geflogen, und als der Jäger zu
ihr aufschaute, sah er, daß sie aus lauter Gestalten bestand, an deren
Spitze der wilde Jäger ritt.
„Das wilde Heer!" zuckte es
Friczmann durch den Sinn. Er legte sich platt auf die Erde und kehrte sein
Gesicht dem Boden zu. Und da brauste es auch schon über ihm dahin mit
ungeheurem Lärmen und Schreien. Hussarufe erschollen und schmetternde
Hörnerklänge; Hufschlag, Rüdengebelle und Räderknarren schlugen an das
Ohr des lauschenden Jägers. Schon glaubte er, der unheimliche Zug sei
vorüber, da hörte er, wie ihm jemand mit fliegendem Atem zuraunte: „Dreimal
ziele auf das Bild da drüben, dann trifft dein Pfeil auch sicher das Herz
des Feindes, der deine Lieben ermordet hat." Nun war es still um
Friczmann, aber er getraute sich noch nicht aufzustehen. Seine Gedanken
waren in neuer Erregung. Den verhaßten Feind zu finden, ihm den Pfeil in
die Brust zu jagen und sich an seinen Todesqualen zu weiden, danach gierte
sein rachsüchtiges Herz. Er sollte dieses glühende Verlangen stillen
können, wenn er dreimal nach dem Kreuzbild zielte! In höchster Erregung
sprang er auf, riß den Bogen von der Schulter und schoß nach dem Kreuze.
Dicht am Stamme schwirrte der Pfeil vorüber. Zum zweiten Male legte er an
und wieder verfehlte der Pfeil das Ziel und schlug in das Laubwerk des
Busches, der hinter dem Kreuze stand. Der Jäger bebte und zitterte am
ganzen Körper und es flimmerte ihm vor den Augen, wenn er das bleiche
Christusbild, das jetzt der helle Vollmond mit seinem silbernen Licht
übergoß, aufs Korn nahm. Es war ihm, als hätte der Erlöser die Arme
ausgespannt, um ihn an seine Brust zu ziehen und Trost und Ruhe in sein
aufgewühltes Gemüt zu gießen. Plötzlich aber trat dem Jäger wieder
das Bild seines zerstörten Heims und seiner hingemordeten Lieben vor
Augen und blinde Rachsucht füllte von neuem sein Herz. Er riß den Bogen
an die Wange und entsandte den dritten Pfeil. Jetzt schlug das Geschoß
dicht neben der Seitenwunde des Christusbildes in das morsche Holz. Aber
der Jäger fühlte im gleichen Augenblick einen stechenden Schmerz in der
Brust. Der Pfeil war auf den Schützen zurückgeprallt und hatte ihm das
Herz durchbohrt. Friczmann taumelte ein paar Schritte zurück und stürzte
in den Tümpel, dessen Wasser über ihm zusammenschlugen. Ein paar
Wellenkreise liefen bis zum Rande der Lache, dann war alles wieder still
und der Vollmond spiegelte sich in der dunklen Pfütze, als wäre nichts
geschehen.
Der Kreuzweg ist noch heute ein gescheuter Ort. Immer noch geistert in
der Stille der Nacht der Freischütz an dem sumpfigen Tümpel umher, hat
einen Pfeil in der Brust stecken und sucht mit rachegierigen Blicken den
Mörder seiner Lieben.
Sepp
Kraus (Zusammenstellung), Sagen aus dem Landkreis, Der Freischuß, in
Landkreis Vohenstrauß, S. 274-275
|
Quellen:
- Der neue Tag,
01.12.2003: "Großer Herrgott" ein
Meisterwerk - Kreuz im Waldviertel "Kreen" von Grund auf
saniert - Entstehung geht auf Gelübde zurück" (oberpfalznetz 2003
- Poblotzki
Siegfried, Geschichte Pleystein, 1980, S.678-680
- Streifzüge
17/1996:Therese Weiß, Häusergeschichte Vohenstrauß, S. 18 u. 29
weitere
Geschichten:
Anton Wurzer,
Spuk, in Landkreis Vohenstrauß,1969, S.290-291 |
zurück
zum: Heimat-ABC
zurück zu: Kulturlandschaftselemente
|