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Der hl. Sebastian und die Pest

Warum ich nun auch das regionale Brauchtum in meine Website aufgenommen habe? Mehrfach hat heute das Telefon geläutet, verschiedene Personen hatten unabhängig voneinander angerufen und sich nach Standorten von Pestkreuzen erkundigt. Es waren die Eltern von Grundschulkindern, die das Thema offenbar als Hausaufgabe aufbekommen hatten. Leider musste ich die Anrufenden bescheiden, dass es Pestkreuze zumindest in der Großgemeinde Vohenstrauß nicht gibt.

Im Jahr 1989 hatte ich im Heimatkundlichen Arbeitskreis eine Broschüre herausgegeben, geschrieben von der Kollegin Leonore Böhm, Grafenwöhr, unter dem Titel: "In Pest und Todtsgefahr, o heiliger Sebastian, nimm dich unser aller an."

Die Heiligenverehrung entspringt einem tiefen menschlichen Schutzbedürfnis, besonders in früheren Zeiten suchte man im religiösen Bereich Geborgenheit und Hilfe, um Mensch und Tier, Haus, Hof und Fluren vor Unheil zu bewahren.

In der Oberpfalz gibt es wohl nur wenige Kirchen, in denen das Bild oder die Statue des Märtyrers Sebastian fehlt, der besondere Verehrung als Pestpatron genoss. Darüber hinaus finden wir in diesem Zusammenhang Sebastianskirchen, Sebastiansbräuche, Pestdenkmäler auch in unserer Heimat in größerer Zahl. So berichtet man im Volksmund, dass im "Schanzl" bei Untertresenfeld die Waldauer ihre Pesttoten begraben hätten.

Steinkreuze als Pestkreuze

Die auch im Landkreis, vor allem in der östlichen Hälfte, zahlreich vorkommenden sagenumwobenen Steinkreuze werden hauptsächlich als Sühnekreuze, aber auch als Mord- und Gedächtniszeichen, Grenzzeichen, Wegweiser und hie und da auch als Pestkreuze gedeutet. "Zur Erinnerung an die Pest wurden mancherorts ´Pestkreuze´ aus Stein errichtet, um der Nachwelt die verheerenden Folgen dieser grauenhaften Seuche möglichst eindringlich und dauerhaft in Erinnerung zu halten. Datierte und mit Inschriften versehene ´Pestkreuze´ sind nur wenige bekannt." (Schmeissner).

Auch in unserer Region werden einige Steinkreuze als ´Pestkreuze´bezeichnet, wobei wohl Legende und Wahrheit nicht auseinander zu halten sind. Eines davon steht am südöstlichen Ortsausgang von Wurz am Weg zur Lamplmühle (Bezeichnung bei Schmeissner: NEW 77 Wurz).  Sepp Kraus berichtet in der Oberpfälzer Heimat 1977: "Auch stand in Vöslesrieth bei Pleystein früher ein Steinkreuz, welches vom Volk das ´Pestkreuz´genannt wurde; es ist heute leider verschwunden."

Pestsäulen

Als im Jahre 1714 eine ansteckende Krankheit die Bevölkerung von Kemnath (Lkr. Tirschenreuth) in Angst und Schrecken versetzte, wandte sich die Kemnather Bürgerschaft an den hl. Sebastian. Nachdem ihr Flehen erhört worden war, errichteten sie am Marktplatz eine Sebastianssäule, die im Sockel die Inschrift trägt: "Ein Bürgerschaft richt in den Jahr das auf, wo anderer Orth Sterb war". Bei Harald Fähnrich erfahren wir, dass in der Sebastiansoktav die Kemnather in früheren Zeiten am Sockel der Säule viele Laternen aufstellten, "1983 waren es noch drei, 1984 nur mehr zwei." Auf die Pestsäulen im Raum Hirschau, beschrieben von Sepp Kraus (OH 1971), habe ich schon hingewiesen.

Sebastianskirchen

Im gleichen Aufsatz berichtet Sepp Kraus: "Vor 40 Jahren erzählten mir alte Leuchtenberger von einer Pestkapelle, die dort gestanden hat, wo heute die Friedhofskirche von Leuchtenberg ihren Platz einnimmt. Sie berichteten einmütig folgendes: Während des Dreißigjährigen Krieges kamen die Bürger des Marktes zusammen und versprachen dem hl. Sebastian den Bau einer Kapelle zu seiner Ehre, wenn er die Pestilenz von ihnen fernhalte. Dies geschah, und sie bauten die versprochene Kapelle. 1740 entstand nach Georg Brunners Chronik von Leuchtenberg die heutige Friedhofskirche, die den hl. Sebastian zum Kirchenpatron hat. Brunner erwähnt zwar von einer früheren Kapelle nichts, vielleicht war diese unbedeutend geworden; aber St. Sebastian spricht für den Volksmund."

In Burgtreswitz steht eine Sebastianskapelle an der Straße nach Moosbach im Schatten einer uralten, sturmgebeutelten Linde.

Die Friedhofskirche von Eslarn ist dem hl. Sebastian geweiht und dient heute der Abhaltung der evangelischen Gottesdienste. Josef Hanauer beschreibt sehr ausführlich die Vorgängerkapellen beim alten Friedhof "am Ostrand der Hofweiher". "Eine furchtbar hausende Pestkrankheit raffte die Leute reihenweise hinweg. Im Jahre 1613 mußten im Laufe von knapp sechs Monaten nahezu 500 Personen bestattet werden".

In Waldthurn ist die Pfarrkirche dem hl. Sebastian geweiht. Und schließlich ist noch die aus dem 15. Jahrhundert stammende Sebastianskapelle in der Lederer-Vorstadt von Weiden zu erwähnen, die unter anderem das Epitaph der schon im Kleinkindalter verstorbenen Zwillinge des Pfalzgrafen Friedrich von Vohenstrauß aus dem 16. Jahrhundert enthält.

Wallfahrt

Auf eine Pestepidemie von 1635 geht eine Wallfahrt der Parksteiner am Sebastianstag ins sechs Kilometer entfernte Kirchendemenreuth zurück. (Leonore Böhm)

 

Rainer H. Schmeissner, Steinkreuze in der Oberpfalz, Regensburg 1977

Sepp Kraus, Pestsäulen um Hirschau, in OH 15, 1977, S. 127 - 132

Lebendiges Brauchtum der Oberpfalz, Oberpfalzverein e. V. (Herausgeber), Weiden 1993, S.16 - 17

Josef Hanauer, Heimatbuch Eslarn, 1975, S. 183 -186

Leonore Böhm, In Pest und Todtsgefahr, Heimatk. Arbeitskreis Voh. e.V., 1989, S. 26 - 27