| |
Burg
Schellenberg
Lageplan der Burgruine Schellenberg
aus: Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, VIII.
Bez.-Amt Vohenstrauß, bearbeitet von Rich. Hoffmann u. Gg. Hager, 1907,
Verlag Oldenbourg
|
Text
und Farbfotos: Peter Staniczek
|
|
Geheimnisvolle
Ruine an der böhmischen Grenze
Wir erreichen die geheimnisvolle Burgruine Schellenberg von Vohenstrauß
aus, wenn wir über Pleystein durch das reizvolle Zottbachtal zunächst
Georgenberg und dann den Ort Waldkirch ansteuern. Von der Planer Höhe wandern
wir in etwa einer halben Stunde auf markiertem Weg ständig den Hang zum
Grenzkamm hinauf, bis wir den Bergrücken mit seinen gewaltig aufgetürmten
Granitblöcken (Wollsackbildungen) erreichen. Auf einem der 8-9 m hohen Blöcke
(826 ü. N.N.) stehen die Reste des ehemaligen festen Hauses, früher wie heute
über eine Holzbrücke mit dem nördlich gelegenen ebenso ummauerten Hundsstein
verbunden. Eine heute noch im Gelände erkennbare Ringmauer umrundete die
Burgfelsen und bildete den Burghof.
|
”...
mit der Veste den Landgrafen gewarten und dienen ewiglich”
"Wir
Ulrich, Cunrad und Heinrich, Gebrüder von Waldau bekennen öffentlich mit
diesem Brief, daß wir durch Gnad, Schirm und Fürderung mit dem edlen unsern gnädigen
Herrn, Herrn Johannsen, Burggrafen zu Nürnberg, um den Bau den wir tun wollen,
übereinkommen ... und daß wir und unsere Erben mit derselben Veste, die wir
bauen wollen, bei den Edlen unsern gnädigen Herrn Ulrich und Johannsen,
Landgrafen zu Leuchtenberg u. ihren Erben bleiben und damit gewarten und dienen
ewiglich."
Mit
diesem Huldigungsbrief an die Landgrafen von Leuchtenberg vom 23. August 1347
zeigten die Herren von Waldau auf Waldthurn den Baubeginn ihrer Burg auf dem
Schellenberg an.
Die Waldauer waren nach 1308 in den Besitz der Herrschaft Waldthurn
gekommen. Die Herren ”Fridericus von Walthurn und Ulricus dessen Sohn”,
mit denen von Waldau verwandt, waren erstmals im Jahre 1217 als Ortenburger
Ministeriale in einer Zeugenliste urkundlich genannt worden. Schon früh wird
die enge Verbindung der Waldthurner mit dem 1133 gestifteten
Zisterzienserkloster Waldsassen, beide im Grenzland gelegen, ersichtlich: Güter
werden getauscht, Stiftungen und Käufe getätigt, sogar Kriege geführt.
|
Burgruine
Schellenberg 1907
(Kunstdenkmäler Bayerns)
|
|
|
Ludwig
der Bayer und Karl IV.
Zwischen dem Ende des 13. Jahrhunderts und der Mitte des 15. Jahrhunderts
entwickelt sich der Grenzsaum gegen das Königreich Böhmen allmählich zur
festen Grenzlinie, immer umstritten und durch vielfache Verträge immer wieder
aufs Neue festgelegt. Im Kampf um die Macht im Reich ist immer wieder auch
unsere Region betroffen. Nachdem Ludwig der Bayer nicht zuletzt mit Hilfe des
Luxemburgers Johann, König von Böhmen, seinen Gegenkönig Friedrich den Schönen
von Österreich im Jahre 1322 bei Mühldorf besiegen konnte, hielt er diesen bis
1325 in der unweit gelegenen Burg Trausnitz (an der Pfreimd) gefangen. Das gute
Verhältnis änderte sich nach der Tiroler Auseinandersetzung im Jahre 1342 -
der Kaiser hatte aus territorialpolitischem Ehrgeiz die Ehe von Johanns Sohn
Johann Heinrich mit Margarete Maultasch, der Erbin Tirols, gelöst und diese mit
seinem eigenen Sohn Ludwig vermählt. Seitdem standen sich Ludwig der Bayer und
Johann von Böhmen, sowie dessen Sohn, der am 11. Juli 1346 zum Gegenkönig gewählte
Karl IV., unversöhnlich gegenüber.
In
dieser Zeit der Auseinandersetzungen entsteht wohl mit Unterstützung des zu
Ludwig loyal stehenden Nürnberger Burggrafen Johann II. und der in der Region
dominanten Leuchtenberger Landgrafen Ulrich II. und Johann I., der Plan, in dem
dünn besiedelten Waldgebiet unmittelbar an der böhmischen Grenze an der von Bärnau
nach Pleystein und von hier zur
Magdeburger Straße im Naabtal führenden Altstraße eine Burg zu bauen. Dies
geschah offensichtlich auf dem Grund und mit Billigung des Klosters Waldsassen.
Die genannte Straße verband von alters her das Kloster Waldsassen mit seinen Gütern
u.a. an der Luhe, war auch die rascheste Verbindung der Landgrafen zu ihren
Lehen im Elbogener Kreis (heute Loket/Böhmen). Die Errichtung einer Burg in
dieser Zeit und an diesem Ort diente deshalb nicht nur dazu, Einfälle aus Böhmen
zu verhindern, sondern auch zum Schutz der Straße vor Raubrittern und anderen
Wegelagerern.
Kaiser Ludwig der Bayer verstarb im Oktober 1347 überraschend auf einer Bärenhatz
bei Fürstenfeldbruck und so wurde sein Nachfolger auf dem Kaiserthron, Karl
IV., Herr über den Bau der eigentlich gegen ihn gerichteten Festung.
1352
konnte die Herrschaft Waldthurn umfangreiche Besitzungen vom Kloster Waldsassen
erwerben, darunter auch das unterhalb des Schellenbergs liegende Kirchdorf Waldkirch
mit Marktstätte. Die ganze Herrschaft Waldthurn mit dem Haus und der Marktstätte
Schellenberg war inzwischen böhmisches Lehen geworden. Interessant ist deshalb
ein Vergleich aus dem Jahre 1359 zwischen den beiden Landgrafen von Leuchtenberg
und Ulrich von Waldau, einem der Erbauer, in dem dieser sich verpflichtet, mit
seinen Vesten Schellenberg und Waldthurn den Landgrafen stets gewärtig zu sein
gegen jedermann, außer gegen den König von Böhmen.
|
|
|
|
Zerstörung
der Burg Schellenberg
Die Gemeinde Georgenberg im Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab feierte 1998
ein besonderes Jubiläum, nämlich den 500. Jahrestag der Erstürmung und
Zerstörung der nahe der böhmischen Grenze gelegenen Burg Schellenberg am
11./12. Juli 1498, nur etwa 150 Jahre nach ihrer Errichtung.
Die Burg war zu dieser Zeit von den in Geldschwierigkeiten geratenen
Waldthurnern an den fränkischen Ritter Philipp von Guttenberg verpfändet
worden. Philipp und sein Bruder Moritz von Gutenberg lagen mit dem Markgrafen zu
Brandenburg-Kulmbach in heftiger Fehde und unternahmen nach dem Verlust ihrer fränkischen
Besitzungen vom Schellenberg aus Vergeltungsaktionen gegen das Kulmbacher
Gebiet. Schließlich gelang es dem markgräflichen Hauptmann Konrad von Wirsberg,
das Versteck der Gutenberger "vor dem böhmischen Wald" auszumachen.
Mit schweren Artilleriegeschützen begann man am 11. Juli 1498 den Sturm
auf die Ringmauer. Wie damals üblich, hatte jede der verwendeten Kanonen
ihren Namen, hier hießen sie "Männlein", "Fräulein",
"Hohenlacherin" und "Eulenschmiedin". Die Verteidiger zogen
sich nach dem wirkungsvollen Angriff in den Hauptturm zurück, auch um Zeit für
Verhandlungen zu gewinnen.
Kriege
waren aber damals wegen der schwierigen Proviantierung und Logistik auf
schnellen Erfolg angelegt, weshalb Hauptmann Konrad von Wirsberg schon am nächsten
Tag zu weiteren Taten schritt: "Also han ich denselben Abend einen Schuß
lassen mit dem Mendlein. Der hat glückt, daß der Stein unten zu einem Fenster
in das Gewelb gegangen ist, darin sie ihren großen Einhalt und Trost gehabt
haben. In der Nacht hab ich die Schantz zu den Püchsen zurichten lassen und des
morgens am Donnerstag die großen Büchsen gelagert. Do sind alsbald zwei Schuß
getan mit dem Mendlein und dem Freulein durch den Tuchscherer. Da ging der Schuß
zu kurz wider den Fels, das ich nit wenig Erschreckens empfing." Schließlich
"hat das Eulenschmid, die große Puchsen, das ganze Schloß gefehlt und
schoß nur zum allerobersten uff der Ecken durch das Dach".
Obwohl
die Geschosse keine größeren Schäden angerichtet hatten und dem Wirsberger
langsam die Munition ausging, war die Moral der Verteidiger hinlänglich zerstört,
war ihnen doch klar, dass bei künftigen Volltreffern Leib und Leben nicht mehr
garantiert waren.
Philipp
von Guttenberg wurde nach der Aufgabe ritterliche Haft und seiner Mannschaft
milde Behandlung zugesichert.
Um dem flüchtigen Moritz von Guttenberg den Unterschlupf auf Schellenberg
in Zukunft zu verwehren, wurde die Burg geschleift. Nachdem der Versuch, die
Mauern mit den vorhandenen "Puchsen" zu zerschmettern, durch weitere
Fehlschüsse misslungen war, begann man das Gebäude vom Dach her mit der Hand
abzubrechen. Um das Werk doch noch zu beschleunigen, ließ der Hauptmann "das
Gewelb zu unterst im Schloß auch danach den Boden mit Holz und Pulver spicken
und danach anzünden, das also das Gewelb zerrissen und das Schloß mitsamb dem
Stadel, der Prucken und der Planken gar verbrannt ist".
|
Das
weitere Schicksal der Burgruine
Die zerstörte Veste wurde nie wieder aufgebaut. Die Waldthurner lösten
sie zwar ob ihres Zustands sehr günstig wieder ein, ließen sie aber weiter
verfallen.
Als
Georg von Waldau zu Waldau und Waldthurn im Jahre 1540 wegen hoher Schulden die
Herrschaft Waldthurn an Willibald und Albrecht Eitel von Wirsberg (Vater und
Sohn) verkaufte, erhielt auch der Schellenberg mit seiner Ruine einen neuen
Besitzer. Die von der Burg Wirsberg bei Kulmbach stammenden Wirsberger -
Nachfahren des o.g. Burgzerstörers - waren bis zum Erlöschen ihrer Waldthurner
Linie im Jahre 1647 im Besitz des Schellenbergs.
1656 wurde die Herrschaft von Kaiser Ferdinand als böhmisches Lehen an
den Fürsten Wenzel von Lobkowitz verkauft, dessen Familie die Herrschaft bis
zum Jahre 1807 innehatte.
Die
Burg Schellenberg wird im Jahre 1666 noch wie folgt beschrieben:
"Daselbsten
ist vor Alters her eine Vestung auf einem Felsen erbaut gewest mit einer Schlag-
oder Aufziehbrucken und einem einzigen Ein- und Ausgang, so mit Vorhöfen und
Ringmauern umfangen, daran ein großer hoher gewachsener Felsen, so man den
Hundsstein nennt, welche aber unerden(k)lich hero nit bewohnt, dahero es an Dach
und Zimmerwerk ganz eingangen und anders nichts mehr vorhanden als gedachter
Hundsstein, dann auf den Felsen von den Schloß die Mauern von ziemlicher Höhe,
so noch wohl zu bedecken und reparieren wären, allein die Vorhöfs Mauern ist
ganz zu Grund verfallen und mit sehr großem Hochwald verwachsen...".
1797
wird noch ein fürstliches Jagdschloß auf dem Schellenberg erwähnt, 1865 das
letzte bewohnte Gebäude auf dem Burggelände abgebrochen. Der
”Schellenberg-Niggl” (Nikolaus Gschwindler), letzter Bewohner, verstarb im
August 1910 in Gehenhammer.
|
|
|
|
|
Choden,
Templer und Schellenbergmannl
Im Umfeld des Burgberges finden sich alte, aber heute noch gebräuchliche
Flurnamen wie Kottenschlag, Kottenholz, Kottenbrunnen und Kottenbrückl. Sie
deuten auf die Volksgruppe der Choden (tschech. chodite = gehen,
patroullieren) hin, Slawen, von denen niemand recht weiß, wer sie sind und
woher sie kommen. Der böhmische Herzog Bretislav I. soll sie in der ersten Hälfte
des 11. Jahrhunderts (H. May: 1038) systematisch als Wächter an der böhmisch-bayerischen
Grenze angesiedelt haben. Wie im Tauser Kreis (Domazlice) waren auch im
Grenzgebiet bei Pfraumberg und Tachau Chodendörfer gegründet worden. Ihr
Banner zeigte übrigens einen Hundskopf als Symbol der Loyalität und
Wachsamkeit. Die Ortschaft Waldkirch am Fuße des Schellenbergs soll (lt. Fr.
Schacht) früher Chodendorf genannt worden sein und seine Entstehung einer
Codenansiedlung verdanken.
In den Chroniken unserer Heimat taucht immer wieder der sagenhafte Gottfried
von Waldau (1179 - 1217) als frühestgenannter Besitzer des Gebietes um den
Fahrenberg auf. Er soll Kaiser Friedrich Barbarossa auf dem Dritten Kreuzzug ins
Hl. Land begleitet haben und als Angehöriger des geistlichen Ritterordens den
Fahrenberg mit seinem Umgriff an die Templer übertragen und als Lehen
von diesen wieder zurückerhalten haben.
U.
a. in der Geschichte der Gemeinde von Flossenbürg, verfasst von Dr. Adolf
Schuster, findet sich darüber folgende überlieferte Nachricht von Dr.
Ferdinand Janner (1884): ”In dieser Zeit (1198) soll die Burg Fahrenberg
als feudum oblatum (als Lehen) an die Templer gekommen sein, welche Burg sammt
der ganzen Herrschaft Walthurn und Schloß Schellenberg (?), sowie der Vogtei über
den Burgstall Ahornberg 1312 an (das) Kloster Waldsassen überging. 1352
verkaufte das Stift dieß alles an die Herren von Waldau.”
Der
Lehrer Hans May behauptet in seiner 1904 erschienenen Schrift ”Der Fahrenberg”
im weiteren: ”Templer saßen auch auf dem Pfraumberg, zu Eger, und es gab
nicht viele Geschlechter ohne Templer auf dem Nordgaue, indem da ihrer
Ausbreitung und Ansässigmachung die Verwandschaft mit den Cisterziensern sehr
günstig war.” Allerdings sind die Templer, im besonderen der erwähnte
Gottfried von Waldow im wesentlichen nur auf das Stammenbuch von Wiguläus Hund
zurückzuführen.
Im
Volksmund bekannt ist auch die Sage vom Schellenbergmannel, einem
ehemaligen gottlosen Burgvogt, der in dunklen Nächten auf dem Gemäuer der
Burgruine umgehen muss, weil sein Gewissen keine Ruhe findet:
”Schon
mancher schon hat die Gestalt gesehn, und ruft nicht der Hahn, ist´s um ihn
geschehn.”
Im Sulzbacher Kalender von 1868 finden wir auch die Sage von der unweit
des Schellenbergs befindlichen Schauertanne, unter welcher einst ein
Ritter aus Groll und Eifersucht seinen bei der Blutbuche erschlagenen
Bruder samt dessen Waffen begraben wollte. Seit dieser Zeit zittern die Nadeln
der Tanne, als würden sie aus Entsetzen über die frevelhafte Tat von Frost und
Schauer gerüttelt. Der Brudermörder wollte die Tanne fällen, allein jedes
Werkzeug zerbrach am Baume. Kein Mensch wagte seitdem die Schauertanne
umzuhauen.
|
|
|
|
|
Literatur:
- Bernd,
Dieter, Histor. Atlas von Bayern, Vohenstrauß, 1977, S. 62-66, S. 82, S. 88, S.
188-190
- Hoffmann,
Richard u. Hager, Georg, Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, Bezirksamt
Vohenstrauß, 1907, S. 93
- May,
Hans, Der Fahrenberg, 1904, S. 50 - 55
- Schacht,
Franz, Schellenberg, in Chronik des OWV Georgenberg, 1981 (?), S. 17 - 26
- Schmidbauer,
Georg, Die Geschichte der Herrschaft Waldthurn, in Festschrift 1992, S. 39 - 40,
S. 42 u.a.
- Schuster,
Dr. Adolf, Geschichte der Gemeinde Flossenbürg, 1990, S. 315 - 374
- Woppmann,
Fritz, Straßen nach Böhmen, 1979, S. 19 - 30
|
abgedruckt
in "Amtlicher Schulanzeiger für den Regierungsbezirk Oberpfalz"
|
|
|