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Oberpfalznetz/Der neue Tag - von (fjo = Josef Forster)  |  07.12.2006  | Netzcode: 10953180

 

Der Kalte Baum als visueller Spiegel

 

Autobahnbauer lassen sich für 400 Jahre alte Steinlinde besondere Bauwerkgestaltung einfallen - Höchster Punkt der A 6

 

Kaltenbaum. (fjo) Längst hat er seine Blätter verloren, und dichter Nebel umhüllt ihn fest. Geblieben ist der stetige Wind, der eiskalt und unbarmherzig über die lichte Höhe weht. Aber dennoch musste der Kalte Baum schon vor vielen Jahren sein uraltes, mystisches Bild opfern, denn längst brausen pausenlos Tausende Fahrzeuge jeden Tag an ihm vorbei.

 

Nach der Waidhauser Landstraße ist es nun die Autobahn, die jene sagenumwobene Stelle in unserer Zeit streift. Da die Wahl der Straßenplaner auf den Höhenzug fiel, ging es der mindestens 400 Jahre alten Steinlinde zunächst fast an die Wurzeln. Nahezu bis zum Stamm war eine Böschung geplant, da die A 6 just an dieser höchsten Stelle auch noch sechs Meter über das Geländeniveau geführt werden musste. Nur der sofortige Widerspruch von Kreisheimatpfleger Peter Staniczek aus Vohenstrauß konnte drohendes Unheil noch rechtzeitig abwenden.
 

Weiße Frau


Bauingenieur Peter Wunderlich, der mit Beginn des Jahres zum Abteilungsleiter Brückenbau bei der Autobahndirektion berufen worden war, erkannte die Situation der "relativ großen" Stützmauer zur Vermeidung der riesigen Böschung. Diese war bereits in glattem Sichtbeton ausgeführt, um nicht in "zu starke Konkurrenz" zum Naturdenkmal zu treten. Aber das war Wunderlich zu wenig, und so kam ihm die Idee einer besonderen Bauwerkgestaltung.

Der mystische Baum selbst bildet das ideale Objekt. Spiegelverkehrt und ohne Blätterkleid wird die Wirkung als "visueller Spiegel" noch verdeutlicht. Wunderlich verknüpfte seine Idee mit den uralten Sagen, die sich seit Generationen um den Kalten Baum ranken.

 

 
 

Viel Symbolik


Wieder war es Kreisheimatpfleger Staniczek, den Wunderlich von seiner Idee erzählte. Immer öfter tauchte jene Weiße Frau aus verschiedenen Sagen auf, was ihr nun einen Platz in der Bauwerkgestaltung einbrachte. Die rund 80 Zentimeter hohe Figur trägt viel zur Symbolik bei. Kein Gesicht, keine Hand und kein Herz dokumentieren letztlich "das Nichts", da es sich auch um ein Gespenst oder einen Geist handeln könnte. Alles was aus Stahlblech geschnitten wurde, ist nur der Umriss eines weißen Gewandes.

Aber aus jener leeren, kalten Herzstelle entspringt dennoch aus dem betongrauen Untergrund ein Baum obenauf. Klare Konturen in Blau vertiefen die optische Form und verstärken als kalte Farbe die Idee des Ursprungs. Die Verwendung der Farben Blau und Weiß hatte für Wunderlich aber noch einen anderen Sinn: Es sind die bayerischen Farben.

Der höchste Punkt ist es nun seit wenigen Monaten für die Autobahn geworden, zumindest zwischen dem künftigen Autobahnkreuz "Oberpfälzer Wald" und dem Grenzübergang Waidhaus. Ziemlich exakt auf 600 Höhenmetern begleitet die Fernstraße eine über 400 Meter lange Lärmschutzwand. Ein aufgelockerter Pfostenabstand ist hier nicht das einzige gestalterische Element, auch zwei Glasflächen lockern die eintönige Fassade ergänzend auf. Wieder ist es das winterliche Motiv eines kahlen Baums, das sich in den Sicherheitsglasscheiben zwar wiederholt, aber nun auf Siebdruckfolie viel intensiver und feiner ausgeformt. Einmal in Silberweiß, einmal in Blau, wiederholen die Darstellungen den Akzent der bayerischen Farben, ebenso die blauen Pfosten. "Es ist also sehr viel Symbolik darin", verdeutlicht Wunderlich.

In Kürze kommt noch mehr, lässt der Abteilungsleiter bereits wissen: An den Enden der Lärmschutzwand "gähnt" noch eine große leere Betonfläche. Diese ist zwar "wegen der Optik" bereits in Form von Buchstützen ausgebildet, wird aber bald mit den Wappen der Stadt Vohenstrauß und dem Landkreis Neustadt aufgewertet.

 

 

Fotos: Peter Staniczek