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Peter Staniczek
Der Kalte Baum  -  Geschichten, Mythen und Sagen

Fantasie über Wilde Jagd und Kalter Baum, Zeichnung von Günther Mauermann (Sammlung P. Staniczek)

"Wenn der Wanderer auf der Heerstraße von Vohenstrauß nach Wernberg, in der Richtung von Ost nach West zieht, befindet er sich auf dem Grat eines langgestreckten Bergrückens, der zu beiden Seiten ziemlich steil abfällt, und unten rechts das liebliche Lerautal, links das wildromantische Tal der schauerlichen Pfreimd bilden hilft. Sind diese Wasser jetzt auch nicht mehr bedeutend, so waren sie in der Vorzeit um so gewaltiger, da sie tiefe Schluchten in den harten Felsen zu graben vermochten. - Hebt sich das Auge, so sieht es sich bald in die Vergangenheit zurückversetzt beim Anblick der trauernden Trümmer einst herrlicher Burgen, mit denen ringsum die Berghöhen gekrönt sind; vor allem leuchten ihm die stolzen Mauern und Türme der alten Veste der weiland durchlauchtigsten Landgrafen  von Leuchtenberg entgegen, da wo der Grat gegen die Naab hin sich abdacht; und neben ihm läuft die Spur der alten Handelsstraße, auf welcher ehedem in der Zeit regeren Verkehrs die Landgrafen den Kaufleuten das Geleit gaben. Da nun, hart an der Straße, zu linker Hand, steht ein einsamer Baum, eine Steinlinde, vor sich einen kleinen Teich,  viel mehr Pfuhl, im Rücken einen Einödhof; hier weht der Wind Tag und Nacht, Sommer und Winter, in kalten Strömen, oft in der Stimme des heulenden Sturmes oder des grollenden Donners, und ewig bewegt sich das Laubdach des Baumes und teilt den Schauer des frierenden Wanderers. Darum heißt es hier: beim kalten Baum."[1]

 

Schönwerth schreibt weiter, dass dieser kalte Baum schon 1361 in einer Grenzbeschreibung der ehemaligen Landgrafschaft Leuchtenberg urkundlich erwähnt worden sei. Vor etwa 1000 Jahren soll der Kalte Baum gepflanzt worden sein, kann man in einem Artikel des "Neuen Tages" vom 14. Juli 1978 noch nachlesen, andere Heimatforscher und Geschichtsschreiber schätzten sein Alter auf 600 bis 800 Jahre. Dabei wird immer wieder auf die angebliche Ersterwähnung um 1361/62 hingewiesen. Was hat es mit dieser nun auf sich?

 

Dr. Wittman brachte in seiner "Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg" (München, 1850/52) die oben genannte Grenzbeschreibung mit einem Erbfolgevertrag aus dem Jahre 1362 in Verbindung, was von den meisten der folgenden Geschichtsschreiber kritiklos übernommen wurde, so auch von Brunner in seiner "Geschichte von Leuchtenberg" (Weiden, 1862/63), zudem ohne Quellenangabe. Erst Illuminatus Wagner, der sich wie kein anderer mit der Leuchtenberger Geschichte befasste, beweist in seiner "Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg" (Kallmünz, 1953) dass es sich erstens nur um eine Grenzbeschreibung des Landgerichts Leuchtenberg handelt und diese zweitens ohne Jahreszahl und Datum ist.

 

Beschrieben wird der Grenzverlauf darin unter anderem "...von diesem Stein mitten in der Pfreimt hinauf im Goldbach und im Goldbach aber hinauf bis auf die Straß, so von Witzschau gen Vohenstrauß geht, und auf derselben Straßen zu Berge bis zu dem kalten Bäumlein, vom kalten Bäumlein zu Tal in der Lohe zwischen der Varnleiten und das Holz Gassaue genannt, bis auf den Steig, so man von Steinach gen Lind geht ...". Wagner vermutet, dass sie aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammt und zum Heidelberger Vertrag führte, der 1546 u. a. die Grenzen zwischen dem "Fürstentum der Obern Pfalz" und der "Landgrafschaft Leuchtenberg" festlegte. Er hält  die Hypothese Wittmanns deshalb für falsch, weil weder im Erbfolgevertrag von 1362 noch im Teilungsvertrag von 1366 von einer solchen Grenzbeschreibung die Rede war. Allerdings wird sie in einer späteren Schrift um 1582 als "gar alte Handschrift" bezeichnet.

 

Das Alter des Kalten Baumes lässt sich also auf diese Weise nicht zuverlässig bestimmen.

Im 16. Jahrhundert kam es zu Grenzschwierigkeiten zwischen der Kurpfalz und Leuchtenberg, während deren Verlauf kurpfälzische Beamte den Kalten Baum umhauen ließen. Als sich der leuchtenbergische Kanzler Dr. Johann Federl unter anderem bei seinem kurpfälzischen Kollegen Dr. Reimer beschwerte, musste dieser am 29. Oktober 1596 eingestehen: "Des kalten Peumels wisse er selbst wohl, dass ers gesehen, und sey mit dem Abhaun Unrecht geschehen."[2]

 Nach dem Streit muss ein neuer Baum gepflanzt worden sein, denn 1612 wird das "Kalte Bäuml" wieder erwähnt. Der schon genannte leuchtenbergische Kanzler Dr. Federl berichtet, dass er am 12. Mai 1612 "... oben bei Kalten Bäuml" das Geleit für den böhmischen König Mathias übernommen habe. Er erwähnt desgleichen einen Vertrag vom 27. Juni 1606, auf Grund dessen der Grenzbaum wieder errichtet worden sei.

 

Zu Beginn des dreißigjährigen Krieges muss das "Kalte Bäuml" verdorrt sein, denn in den Jahren 1637 und 1642 wird dem Gerichtsschreiber von Leuchtenberg aufgetragen, "daß anstatt des abgedorrten sogenannten Kalten Bäumbls, das die Grenzmarkung gegen Vohenstrauß anzeigt, ein anderes Päumbl dahin gepflanzt werden solle".[3]

So alt, wie allgemein angenommen, ist der Kalte Baum also nicht. Nimmt man aber an, dass sich der Geschichtsschreiber bei der letzten Anordnung nicht solange Zeit ließ wie beim ersten Mal, dann könnte unser heutiger Baum immerhin schon über 340 Jahre alt sein.

 

A. Engelhardt schreibt 1907 [4]: "In 3 m Höhe beginnen die mächtigsten Äste, die nicht selten die absonderlichsten Formen zeigen, und ihre Verkrüppelungen und gewaltigen Stümpfe reden recht anschaulich von den schweren Kämpfen, die der alte Riese mit Sturm und Wetter zu bestehen hatte. Vor zirka 50 Jahren (zwischen 1850 und 1860) hat ein Blitzschlag ihm recht schweren Schaden zugefügt. Aus einem der abgesprengten Stücke ließ sich damals der Vater des jetzigen Besitzers einen großen Stoßtrog machen, der viele Jahre gute Dienste leistete." Dabei soll auch die große Aushöhlung im Stamm entstanden sein.

 

Bald wäre ihm aber Schlimmeres geschehen, denn einer der Vohenstraußer Landrichter wollte den beschädigten Baum beseitigen und durch einen neuen ersetzen lassen. Der damalige Besitzer pflanzte auch eine neue Linde, der Kalte Baum aber wurde durch das Ableben des gestrengen Landrichters gerettet.

 

Der Vohenstraußer Anzeiger berichtet am 19. Juni 1931, dass der Bund Naturschutz in Bayern im Einvernehmen mit dem Bezirksamt Vohenstrauß Erhaltungsmaßnahmen eingeleitet habe, nachdem von verschiedenen Seiten Besorgnisse über den Zustand des Kalten Baumes geäußert worden waren. 1982 fanden schließlich die vorerst letzten Sanierungsarbeiten an diesem Naturdenkmal statt. Unter der Federführung des Oberpfälzer Waldvereins Vohenstrauß wurden die doch erheblichen Mittel für die Rettung des Baumes aufgebracht und die Sanierung, die im Vohenstraußer Stadtrat nicht unumstritten war, durchgeführt.

 

 

Der Kalte Baum in Mythen und Sagen

 

Wenn unser Kalter Baum auch nicht 600 oder 800 oder gar 1000 Jahre alt ist, wie oft angenommen, so können wir doch annehmen, dass an seiner Stelle schon viele Jahrhunderte zuvor ein "Kaltes Päumbl" gestanden haben mag.

 

Anders als wir, die in den Bäumen hauptsächlich Nutzpflanzen sehen, deren Verlust durch Umweltverschmutzung wir auch aufs äußerste bedauern und beklagen, hatten unsere Vorfahren ein ganz anderes Verhältnis zu Bäumen. Die Menschen fühlten sich eins mit der Natur und gaben allen Erscheinungen in ihr eine Deutung. Vor allem glaubten sie an einen wirklichen inneren Zusammenhang von Naturvorgang und menschlichem Schicksal. Die Kräfte, die in der Natur arbeiteten, waren für sie lebendig.

 

Noch um 1858 baten die Holzhauer um Neuenhammer den schönen, gesunden Baum um Verzeihung, ehe sie die Axt an ihn legten, um ihm das Leben abzutun.

 

 

Geisterglaube - die Verdammten mussten Zeugnis geben

 

Wälder und Fluren waren von mancherlei Geistern bevölkert, die vor allem nachts zwischen 11 und 12 Uhr ihr Wesen oder Unwesen trieben. Es waren immer bestimmte Stellen, wenig betreten oder vom Volke gemieden, an welche die unerlösten armen Seelen und Geister gebannt oder vertragen wurden: rund um den kalten Baum die Steinkreuze und Totenbretter, der Elm, der Pfrentschweiher oder der Schellenberg, wo das Schellenberger-Mannl, ein ehemaliger gottloser Burgvogt, die Ruinen der Burg unsicher machte.

 

K. Ochantel überliefert folgende Sage: 

 

So eine Stelle, wo es umging, war das Reitgirgl, ein Granitblock auf der höchsten westlichen Gemarkungsgrenze zu Roggenstein im Wald Trüffelschlag. Im Dorfe Roggenstein wohnte vorzeiten eine Familie mit Namen Reitgirgl; die Frau hatte sich selbst umgebracht und damit das Recht auf ehrenhafte kirchliche Beerdigung verwirkt. An Stricken zog man sie auf die nahe gelegene Höhe und ließ sie dort zur Abschreckung und Sühne liegen. Um die Abscheu gegen die Selbsthinrichtung wachzuhalten, nannte man die steinige Höhe das Reitgirgl [5].

 

Bei der Grenzsäule nördlich von Wieselrieth auf der Höhe am Kirchsteig nach Leuchtenberg hörte man die Wilde Jagd dahinbrausen, besonders in den Rauhnächten ihr Unwesen treibend. Hexen zogen ebenfalls mit im wilden Heere, scheinen aber manchmal gleich den Holzfräulein gehetzt worden zu sein, denn dem Jäger von Leuchtenberg "wurde einst ein Viertel Hexenfleisch vor die Füße geworfen; er konnte es aber nicht vertragen, weil es nirgends blieb und verbrannte es im Garten" [6]. Desgleichen geht hier die Sage vom schwarzen Pudel mit den feurigen Augen, der bei Nacht keinen Menschen vorbeilässt.

 

Blickt man vom kalten Baum nach Norden, so erblickt man jenseits des Leraubachs ein riesiges, dunkles Wäldermeer, den Elm - das Geisterrevier schlechthin. Bei den Handkreuzen nimmt in stürmischen Nächten die Wilde Jagd ihren Anfang und zieht dann hinüber zum Kalten Baum, wo es dann besonders schlimm zugeht; hier im Elm hörte man auch die wilden Schreie der Hoimänner, die besonders den Holzdieben und Waldfrevlern nach dem Leben trachteten und den Wanderer durch das laute hoj, hoj, hoj dazu verführten, vom Wege abzuweichen.

 

"Im Elm ist auch einmal auch einem Mann von Kaimling ein böser Streich gespielt worden. Der Mann hieß im Volksmund 'der alte Kaiser'. Derselbe ging einmal durch den Wald nach Vohenstrauß. Als er zu den drei Handkreuzen kam, begegnete ihm ein grau gekleidetes Männlein mit grünem Filzhut. Dieses hatte einen Korb voll Eier und lud den 'alten Kaiser' ein, mitzutragen. Als dieser ablehnte, schüttete er ihm den Korb voll Eier über den Kopf und verschwand. Der Mann konnte vor Schreck lange nichts reden, auch gingen Leute hinaus an den Ort und fanden auch etwa 300 Stück zerbrochene Eier bei den drei Handkreuzen liegen. Der 'alte Kaiser' ließ es sich sein Lebtag nicht ausstreiten, dass es der Teufel war, denn er hatte ganz genau die Hörner gesehen."

 

An dem Weg nach Vohenstrauß, ungefähr 300 m von den drei Handkreuzen entfernt, steht ein Gedenkkreuz mit der Aufschrift: 

 

Zur Erinnerung an die Mordtat des Mich. Würfel von Paßenrieth 1863 - Gewidmet v. dessen Sohn Johann Würfel 1882. 

 

Hier hatte sich der Xantenbauer von Passenrieth bei Eslarn auf dem Heimwege vom Viehmarkt in Leuchtenberg verirrt und ein des Weges kommender Mann aus einer der nächsten Ortschaften soll sich angeboten haben, ihn auf den richtigen Weg zu führen. Als sie sich aber in dem dichten Wald befanden, schnitt er ihm von hinten den Hals ab. Die Tat blieb lange ungesühnt. Mit unwiderstehlicher Gewalt ziehts bekanntlich den Mörder an den Ort seiner Tat zurück. Und nach Jahren machte sich von Kaimling aus, wo er gezecht hatte, ein Mann mit 'üblem Rufe', in später Nacht unter gräßlichen Flüchen und Verwünschungen auf den Heimweg und schwur, daß er über die drei Handkreuze zur Mordstelle gehe. Als er sich dem Orte seiner Tat näherte, soll ihm der Teufel aufgehockt sein und ein fürchterlicher Kampf sich entsponnen haben, in dessen Verlauf der Mörder die Büsche aus der Erde riß, den Boden mit den Händen zerwühlte und leblos liegen blieb. Als man ihn fand, soll er am Rücken und Hals schwarze Würgmale und klauenähnliche Brandflecken gehabt haben. Selbigen Tages noch, auf dem Sterbebett, hat er seine ruchlose Tat eingestanden und damit sein Gewissen erleichtert." [7]

 

Den Zigeunern schrieb man ebenfalls satanische Künste zu und legte sich ungern mit ihnen an. Auch unterstellte man ihnen den Brauch, "ihre Leute, wenn sie alt und gebrechlich wurden, lebendig zu begraben" [8].

Unweit des kalten Baums stand früher beim Ortseingang des kleinen Ortes Steinach ein Steinkreuz, von dem es hieß, dass unter ihm eine Zigeunerin wegen ihrer verwerflichen Untaten lebendig begraben worden sei. Das Steinkreuz, heute in den Ort versetzt, sei auf ihrem Grab errichtet worden.

 

"Von der Denkmalgruppe, bestehend aus Steinkreuz, Bildstock und Kopfstück einer Wegsäule, zwischen Wittschau und Wieselrieth - hier verlief einstmals die alte Handelsstraße von Nürnberg nach Prag - geht die Sage, "dass es bei dieser Baumgruppe nicht recht geheuer ist, die einen wollen schon des öfteren ein Licht um Mitternacht gesehen haben, die anderen beim Vorbeigehen eine menschliche Stimme gehört haben" [9].

 

Gehörten die Hoimänner oder gar der Teufel zu den schlimmeren Geistern, so zählten die feurigen Männer, die Landsknechte und Holzweibchen zu den besseren, es waren arme Seelen, die wegen irdischer Vergehen dazu verdammt waren, noch weiter auf Erden zu wandeln, bis sie durch fromme Werke oder Worte mitleidiger Personen aus ihrer Pein befreit wurden.

 

Vom Landsknecht als Helfer erzählt Anton Wurzer [10]:

 

Um 1780 herum ging einmal ein Bauer zur Nachtzeit von der Linglmühle heim nach dem Kalten Baum. Es war stockfinstere Nacht. Irgendwie hatte er plötzlich den Weg verloren. In seiner Not rief er endlich den Landsknecht zu Hilfe: "Häiast, Landsgnächt raout und blaou, bist bal durt und bist bal daou, leicht ma ham!" Da stand auch schon einer hinter ihm und verlangte für den Dienst eine schwarze Henne. Der zu Tode erschrockene Bauer sagte auch gleich zu, und es war schon eine Helligkeit vor ihm, in der er sich leicht zurechtfand und die ihn nicht verließ, bis er seinen Hof erreicht hatte. Der Bauer rannte geschwind hinein, um dem absonderlichen Führer den Lohn zu bringen. Aber die Frau, eine böse Zange und spindeldürr vor Geiz, ließ es nicht zu. Indessen wartete der Landsknecht vor dem Hause geduldig auf seine Gabe. Erst versuchte der Bauer immer und immer wieder, sein ungutes Weib zu bewegen, dem Wartenden zu geben, was ihm zustand. Als jedoch all sein Zureden nichts half, dachte er zuletzt, der Landsknecht würde am Ende wohl schon selber wieder gehen. plötzlich schrie das Weib mörderisch auf. "Feuer! Feuer!" zeterte es, deutete zum Fenster hinaus und tat wie eine Besessene, denn draußen war alles blutrot und grausig hell, als stünde das ganze Anwesen in Flammen. Der Bauer ist gleich hinausgerannt und sah da den Landsknecht unter dem Stubenfenster an der Giebelseite des Hauses lehnen - und die ganze Brandröte ging von ihm aus; kam aus seinem weit aufgerissenen Rachen, in dem es wie in einem Backofen glühte. Da hatte es die Bäuerin auf einmal arg eilig, die schwarze Henne zu bringen, die ihr Mann hinwarf, worauf der Unheimliche verschwand.

 

Eine ähnliche Version findet sich bei K. Ochantel [11]:

 

Von Vohenstrauß nach Oberlind ging einmal angeheitert ein alter Bauer. Da kam ihm in der stockdunklen Nacht leuchtend wie eine brennende Fackel ein feuriger Mann entgegen. Der Bauer freute sich und rief: "He Landsmann, bal rout, bal blau, bist mal durt, bal dou, laicht ma ham, kröigst an Knödl oder an Silberpfennig." Der feurige Mann leuchtete ihm schön voraus. Aus seinem Rücken schlugen die Flammen wie aus einer blechernen Backmulde. Vor dem Haus wartete er auf seinen Lohn, den ihm der Bauer in den hohlen Rücken warf.

 

Vom benachbarten Fahrenberg erzählt G. Motyka eine Sage, die mit einem heute verschwundenen Steinkreuz in Verbindung gebracht wird und unschwer "U. L. Frau" erkennen lässt:

 

"Vom Fahrenberg herab wandelte eine wunderschöne, blauverschleierte Frau bis zum Kreuz am Waldesrand nach Waldthurn. Dort winkte sie und wandelte dann bitterlich weinend wieder zum Berg zurück, weil ihr niemand folgte." [12]

 

Wie oben schon erwähnt, galt auch der Pfrentschweiher als ein solcher Ort, an den die Geister, oft in Form eines Tieres, durch sogenannte Ranzenmänner im Auftrage des bannenden Priesters vertragen wurden. Schönwerth erzählt [13]:

 

Es war eine Herrschaftsköchin, welche den Armen nicht das Geringste vergönnte und mit den Speiseresten vom Tische die Schweine fütterte, die unter ihrer Hand sehr gediehen. Nach ihrem Tode ging es mit den Schweinen nicht mehr so gut und so oft die Dirne zum Füttern kam, saß eine Krähe im Barren  und fraß mit. Es war die Köchin. Wenn aber eine Seele in Tiergestalt erscheint, so ist sie nicht mehr zu erlösen. Man vertrug sie daher in den Pfrentschweiher.

 

Ganz schlimm hatte es einer aus Waidhaus getrieben, 

 

"der hatte Waisengelder unterschlagen, den Markstein versetzt und einen Acker falsch abgestritten. Als er gestorben war, kamen zwei Geister und führten die Seele mit sich fort weithin in einen finsteren Berg; da ließen sie ihn stehen, er sollte ihrer warten. An dieser Stelle hörte er viel reiten, fahren, fluchen, zanken und vermerkte unleidentlichen Gestank. Nach drei Tagen kamen die beiden Geister und führten ihn zurück in sein Haus: denn sie hatten keinen Platz für ihn in der Hölle gefunden. Als man nun die Leiche unten aussang, sah er oben beim Fenster herab. Von da an machte er als Krähe das Haus unsicher; doch ein Pater aus Rosenthal ward Herr über ihn. Wie er im Ranzen auf dem Wagen war, fuhren die Rosse zweimal vergeblich an; der Pater aber schlug ihn mit seinem Stabe, daß er schrie wie ein Bär. Im Pfrentschweiher ist er zutiefst versenkt" [14].

 

Werner Kaschel [15] weiß weitere Sagen zu erzählen:

 

"Vor langer Zeit sei ein Vorfahre der Familie 'Wegmacher' einmal an einem Sonntag  (von Pfrentsch) nach Eslarn gegangen, um sich für seine Arbeit eine neue Haue zu holen, die ihm der dortige Schmied gefertigt hatte. Er machte sich zu Fuß auf den Rückweg, als in Eslarn die Kirche begann. Wie er nun so seines Weges ging, etwas in Gedanken versunken war, hörte er hinter sich ein Fuhrwerk herankommen. Er dachte bei sich, das trifft sich gut, da spare ich mir ein wenig Weg, wenn ich mich aufsetze. Als der Wagen an ihm vorbeifuhr, warf er sein Bündel und seine Haue auf das Steierwagerl und schwang sich selbst hinauf. Ohne sich weiter nach dem Fuhrmann umzusehen, legte er sich auf den Boden und war gerade im Begriff einzuschlummern, als er Geräusche vernahm, als wenn die Pferde im Wasser plantschten. Erschrocken richtete er sich auf, um sich zu vergewissern und stellte zu seinem Entsetzen fest, daß die Pferde und auch der Fuhrmann keine Köpfe hatten. Von Furcht übermannt, sprang er sogleich ab. Im selben Augenblick begann in der Eslarner Kirche die Wandlung, und mit einem Donnerschlag verschwand das Fuhrwerk samt Roß und Kutscher. Der erschrockene Fahrgast stand bis zur Brust im Wasser des Pfrentschweihers, unweit des Dorfes. Nachdenklich ging er heim. Das eben Erlebte blieb ihm unerklärlich. Einige Zeit später ließ er an der Stelle, an welcher er auf das Fuhrwerk gestiegen war, eine Tafel an einem Baum anbringen. Seither heißt dieser neben der Straße stehende Baum der 'Bildlbaum'. Der 'alte Wegmacher' soll aber genau auf Jahr und Tag nach dieser Schreckensfahrt gestorben sein."

 

Die Tafel am Baum enthält folgende Inschrift:

"Es ist eine harte Reis, wenn man den Weg nicht weiß, frag die drei heiligen Leut, die zeigen Dir den Weg zur ewigen Seeligkeit."

 

Eine andere Version lautet bei W. Kaschel wie folgt:

 

"Vor langer Zeit sei hier ein Unglück passiert, welcher Art, sei inzwischen vergessen worden. Aber seither gehe es zur Mitternacht um. Insbesondere  eine schwarze Klosterschwester und eine kutsche mit Pferden ohne Kopf sei manchem nächtlichen Wanderer an diesem unheimlichen Orte begegnet."

 

In der Sagensammlung von A. Schöppner finden wir zum Geisterrevier des Pfrentschweihers noch eine interessante Ergänzung [16]:

 

Am Ausgange des Weihers liegen mehrere sumpfige Stellen, die Kräh genannt. Dort geschieht allerlei Spuk, und mancher Betrunkene, der da vorüberging, ist schon in den Sumpf hineingezogen worden. Es wohnte nämlich auf dem Ulrichsberg zwischen Vohenstrauß, Pfrentsch und Weidung (?) ein Einsiedler, der die Kunst verstand, die Geister zu vertragen. Wo damals ein böser Geist hauste und die Leute peinigte, da wusste der Einsiedler Rat. Er steckte den Geist in seinen Sack und lud ihn in dem Sumpfe am Pfrentschweiher ab. Einmal kehrte er mit seinem Sacke bei einem Förster ein, da meinten die Kinder, Bilder, Rosenkränze oder Fingerringe im Sacke zu finden und wollten ihn öffnen. Sie sahen aber deutlich, wie sich im Sacke etwas rührte, auch war er so schwer, dass ihn der Eremit kaum tragen konnte. Hätten sie ihn geöffnet, der Geist wäre sicher in die Kinder gefahren.

 

Die Sage über die Entstehung des Kalten Baumes, wie wir sie bei Schönwerth [17] finden, zeigt ebenfalls das Bedürfnis, die Natur zu deuten und mit der Geschichte zu verbinden:

 

Und aus dem kalten Herzen entwuchs der kalte Baum

 

Eine Landgräfin von Leuchtenberg, eine Witwe mit zwei Kindern, aber noch jung und schön, hatte zu dem benachbarten Grafen von Sulzberg, der eben von einer Fahrt wider die Ungläubigen zurückgekehrt war, leidenschaftliche Zuneigung gefasst und ließ ihm durch einen Vertrauten davon Kunde geben. Der Graf wies aber die Zumutung unwillig mit dem Bedeuten zurück: "Soll ich Kinder aufziehen, müssen sie meines Blutes sein!" Da ließ die verblendete Mutter den beiden Kindern Nesteln in das Hemd knüpfen (ein Zaubermittel) und sie starben. Danach beschied sie den Grafen zu einer Unterredung. Auf der Höhe zwischen Sulzberg und Leuchtenberg kamen sie zusammen und der Graf beschwor das Weib, ihm die Wahrheit zu sagen auf seine Frage, ob ihre Kinder eines natürlichen Todes gestorben seien. Um die Höhe ihrer leidenschaftlichen Liebe kund zu geben, erwiderte die Gräfin: "Deinethalben mußten sie sterben." Da entbrannte der edle Mann vor Zorn und stieß ihr mit den Worten: "So stirb du deiner Kinder wegen!" das Schwert in das Herz. An derselben Stelle ließ er die unnatürliche Mutter begraben. Dabei fiel ihm aber ein Samenkorn, das er aus dem heiligen Lande mitgebracht hatte, unversehens in das Grab und aus dem kalten Herzen entwuchs der kalte Baum. Als Geist wandert die Gräfin um ihr Grab und um den Baum: daher der stete Wind, der hier geht.

 

Nicht unerwähnt lassen möchte ich ein Gedicht, das im Vohenstraußer Anzeiger vom 8. Juli 1913 abgedruckt wurde. Dichterisch etwas verfremdet (der Name Sieglind mag aus dem "Archivar" von August Sperl entnommen sein, der aber die Geschichte des eingemauerten Burgfräuleins erzählt; auch die Todesart der Kinder weicht ab) hat der unbekannte Autor (Sch.) die Entstehung der uralten Linde in Verse gefasst:

Der kalte Baum

 

Sieglind von Leuchtenberg

Die liebte einen Grafen

Obwohl sie eine Witwe war

Und Mutter von'nem Knabenpaar.

 

"Graf Sulzberg", schrieb die holde Fee,

"Dich lieb ich ohnegleichen,

Verlange was Du willst von mir,

Laß nur Dein Herz erweichen."

 

Der Graf erwiderte wutentbrannt:

"Was kommt Dir in den Sinn,

Wie kann ich Deine Kinder lieb'n,

So ich nicht ihr Vater bin?"

 

Darauf die Gräfin, ohn' Gewissen,

Wirft ihre Kinder ungesäumt

Von einem hohen steilen Fels,

Tief in die kalte Flut der Pfreimd.

 

Und sagt dem Graf beim Stelldichein:

"Die Kinder mußten für Dich sterben,

Die unserm Glück im Wege war'n,

Jetzt kannst Du ruhig um mich werben."

 

Graf Sulzberg wurde blaß vor Zorn,

Und stieß in seinem Schmerz

Das Ritterschwert der Rabenmutter

Tief ins eisig kalte Herz.

 

Und wie er sie begrub,

Da fiel aus sein'm Gwand

Ins Grab ein großes Samenkorn,

Herbeigebracht vom heil'gen Land.

 

Das Samenkorn fing an

zu keimen - am Straßensaum,

Und aus dem kalten Herz

Erwuchs der Kalte Baum.

 

 

 

O. E. Breibeck [18] bringt die unselige, grausame Mutter in Verbindung mit anderen Sagen, die sich um die Geschichte der Burg Leuchtenberg ranken. So glaubt er, in ihr die weiße Jungfrau zu erkennen, die man oft zur Mittagsstunde auf der Burgmauer sitzen und stricken sehen könne, wobei die silbernen Nadeln weithin in der Sonne glänzten. Sie stricke dann an einem Totenhemd. Des weiteren ordnet er ihr den feuerspeienden, schwarzen Pudel zu, der im großen, stockfinsteren Keller unterhalb der Dürnitz sein Unwesen treibe.

 

Jede Sage enthält auch ein Körnchen Wahrheit, das sich trotz vielmaliger mündlicher Überlieferung gehalten hat. Nur, wie lässt sich diesem Körnchen auf die Spur kommen?

Illuminatus Wagner liefert dazu eine verblüffende Parallele, auf die auch Schönwerth hinweist, und die mögliche historische Auflösung:

 

Die weiße Frau

 

Eine junge verwitwete Gräfin von Orlamünde war in heißer Leidenschaft zu dem Burggrafen Albrecht dem Schönen entbrannt. Der wäre einer Heirat auch nicht abgeneigt gewesen, wenn nicht - wie er der Witwe wissen ließ - 4 Augen im Wege gestanden hätten. Die Gräfin bezog das auf ihre beiden kleinen Kinder und stieß ihnen eine Nadel ins Gehirn. Doch diese grausige Tat war umsonst; der Burggraf heiratete entsetzt eine andere und die Kindsmörderin ließ er lebenslänglich einsperren. - Nach einer anderen Version rutschte die Gräfin von Reue erfasst drei Stunden Weg über Berg und Tal von der Plassenburg ins Kloster Himmelskron zu den Särgen der Ermordeten. Als sie dort keine Ruhe fand, pilgerte sie ganz zerknirscht zum Papst nach Rom und erwirkte sich die Absolution, indem sie versprach ein Kloster zu gründen. Nach Deutschland zurückgekehrt, stiftete sie das Kloster Himmelsthron, zog sich aber nach Himmelskron zurück, wo sie starb und begraben liegt. Ihr Grabstein zeigt ihr Bild mit dem Schwert zur Seite, das sie eigentlich für ihre Missetat verdient hätte. - Wenn im Hause Hohenzollern ein Todesfall oder ein Unheil bevorsteht, zeigt sich die Gräfin in irgend einem der Schlösser weiß angetan, mit Schleier und nach Nonnenart verbundenem Untergesicht, schwarzen Handschuhen, den Schlüsselbund zur Seite und ein Gebetbuch in der Hand [19].

 

Den geschichtlichen Hintergrund erläutert I. Wagner folgendermaßen:

Kunigunde, Tochter des Landgrafen Ulrich I. von Leuchtenberg, wurde im Jahre 1321 mit dem Grafen Otto von Orlamünde verheiratet, welcher 1340 kinderlos starb. Die Witwe entsagte im Jahr darauf den irdischen Freuden, stiftete im neuerbauten Spital zu Nürnberg ein Zisterzienserinnenkloster, nahm selber den Schleier und siedelte 1348 mit dem Kloster nach Gründlach über. Dieses Kloster hieß Himmelsthron. Dort starb sie als 3. Žbtissin im Jahre 1382.- Burggraf Albrecht der Schöne heiratete auf Betreiben von Bruder und Schwägerin (die "4 Augen") Sophie von Henneberg.

 

Im Anschluss an die Sage von der verblendeten Gräfin geht es bei Schönwerth [20] eher mythisch weiter:

 

Als Geist wandert die Gräfin um ihr Grab und um den Baum: daher der stete Wind, der hier geht. Und so lange hat sie nicht Ruhe vor des Grafen Fluch, bis nicht der Deutsche Kaiser, der aus der Oberpfalz aufstehen wird, die Schlacht schlägt gegen die Türken, in welcher das Blut bis an die unteren Zweige des Baumes steigen muss. Darum hat der Baum nicht seinesgleichen im Lande und keinen Namen, weil er aus der Ferne stammt."

 

In diesem Zusammenhang sind auch die Prophezeiungen und Vorzeichen interessant, die auf die letzte Schlacht am kalten Baum, auf das Ende dieser Welt hinweisen sollten. In der letzten Not hoffte man auf einen mächtigen Helfer im Kampfe gegen den Antichrist. Für den Oberpfälzer ruhte dieser Fürst im Fichtelgebirge, im Innern des Ochsenkopf oder auch im nahegelegenen Pfraumberg und wartete auf die Entscheidung am kalten Baum, nach der eine neue Zeit voll seligen Friedens beginnen sollte.

 

 

Vorzeichen und Prophezeiungen

 

Aus Waldkirch wird von Schönwerth  der Glaube überliefert, dass die Schlacht am kalten Baum geschlagen und damit das Ende komme, wenn einmal das Holz so abgetrieben sei, dass nur mehr Blößen dastünden.

 

Ehe aber alles das geschieht, ist der katholische Glaube so klein geworden, dass er mit seinen sieben Anhängern unter dem kalten Baum ruhen kann (Erbendorf).

 

Wenn die Bauern lange Hosen tragen, die Wägen ohne Rosse gehen (Neuenhammer) - wenn Samt und Seide in den Stall gehen - wenn die Bauernmädchen ohne Kopftuch zur Arbeit kommen - oder in Strümpfen und Schuhen zur Kirche ziehen, statt sie wie bisher auf dem Wege in der Hand zu tragen und erst vor der Kirche anzulegen - mehr uneheliche als eheliche Kinder geboren werden - wenn die Welt eisern wird, d. h. mit Eisenbahnen überzogen ist - so sind dieses die Vorboten des Endes.

 

Wenn der Wald gepflanzt wird von Menschenhänd, wird es bald gehen zu einem End [21].

 

Vom Ochsenkopf im Fichtelgebirge wird folgende Sage erzählt:

"In einem Kristallsaal voll Gold- und Silberschmuck, im Glanze der edlen Gesteine, die in Reihen wie die Zwiebelstränge funkeln, schläft Karl der Große mit seinen Mannen und wartet auf den Kampf mit dem Antichristen. Wenn sein Bart siebenmal um die Tischplatte gewachsen sein wird, dann ist die Zeit erfüllt. Er wird mit seinen Reisigen aus der Tiefe empor steigen, um den Christen zum Sieg zu verhelfen. Das wird auch notwendig sein, denn um diese Zeit werden die Christen so zusammengeschmolzen sein, daß sie unter eines Baumes Schatten essen können. Nach dem Sieg des Kaisers kommt der Weltuntergang [22]."

 

Auch die Weiße Frau treffen wir wieder an, Sibylla Weiß, jene große Seherin, die im Fichtelgebirge auf einem Kreuzweg zum Ochsenkopf begraben sein soll.

 

Schönwerth schreibt [23]:

 

Sibylla Weis hat ihn gepflanzt, den Baum, den niemand kennt, und gleich einer Vala (Seherin) von ihm ausgesagt, daß, wenn einst sein Ast stark genug sein wird, um einen Reiter im Harnisch mit samt dem Rosse zu tragen, die Feinde aus Ost und West in zahllosen Heersäulen hier zusammen treffen werden. Dann werden sie sich eine Schlacht liefern, und bis zur Mitternachtsstunde soll das Würgen währen, wovon so arges Blutvergießen gegen Norden hin entsteht, daß es die Mühle im Tale bei Lind treibt. Davon heißt der Baum auch Schlachtenbaum. Die Rosse der Türken aber werden den Boden bedecken, so weit das Auge reicht und den Greuel einer Pest verbreiten, wie sie die Welt noch nicht gesehen. Alles Volk und Vieh fällt ihr zum Opfer.

 

Aus Tännesberg wird außerdem noch überliefert, 

 

"daß der letzte derselben (Türken) von einem Weibe mit der Schürgabel oder einem Scheite Holz erschlagen werden soll".

 

Diese Schlacht gegen die Türken machte Fr. Xav. Müller, von 1839 bis 1855 Stadtpfarrer von Schwandorf zum Gegenstand des folgenden Gedichtes [24]:

 

Der kalte Baum von Vohenstrauß

 

Auf der Höh' voll scharfer Winde,

Auf dem Hügel frostig kalt,

Schlummert unter starrer Linde

Sepple, sieben Jahre alt.

 

Böser Träume böse Bilder

Senken sich zu ihm herab,

Waffenlärm und Lanz' und Schilder,

Schlacht und Mord und offnes Grab.

 

Auf der Straße weißem Streifen

Zieht's wie Wolken schwer heran,

Und aus Trommeln, Pauk' und Pfeifen

Hebt sich stolz die Kreuzesfahn'.

 

Vor dem Herzen Eisenschienen,

Gitter vor dem Angesicht,

Nahen sie, wie Schwärme Bienen,

Und der Baum wird's Hochgericht.

 

Von dem Wald auf schnellem Rosse

Stürzen andre Krieger her,

Pfeil und Bogen ihr Geschosse,

Krumme Säbel ihre Wehr.

 

Um das Haupt nur weiße Binden,

Um die Brust nur leichtes Kleid,

Sprengen sie, den Feind zu finden,

Rasch hervor aus grüner Heid'.

 

Und ein Roßschweif auf der Stange

Und ein Halbmond ist's Panier,

Und beim hellen Hörnerklange

Schrein sie "Allah!" donnernd schier.

 

Und zum Baume drängt sich alles,

Kreuz und Halbmond zieht daher,

Und es stürzen blut'gen Falles

Tausende mit blanker Wehr.

 

Und die Reih'n der Allah Krieger

Mäht des Kreuzheers schwerer Stahl,

Und der wutentflammte Sieger

Jagt sie über Berg und Tal.-

 

Und der Knab' erwacht voll Schrecken,

Sucht des Vaters stillen Herd

Und erzählt von Roß und Recken

Und von Fahnen, Pfeil und Schwert.

 

Und der Vater, ernst und stille,

Wischst sich manche Trän' beiseit',

Sprichst im Geiste der Sybille:

"So wird's kommen mit der Zeit.

 

Christ und Türke wird sich schlagen,

Wie du's sahst im wüsten Traum,

Und das Kreuz wird siegend ragen

In der Schlacht am kalten Baum.

 

Kann auf jetzt noch schwankem Zweige

einstens Roß und Reiter steh'n.

Wird es hier zur blut'gen Neige

Mit dem bleichen Halbmond geh'n!"

 

 

Bei Schönwerth geht es dann eher mythisch weiter, wobei auch ein Vergleich zur "Edda" nicht gescheut wird:

 

Zuletzt wird ein Hirt heranziehen aus weiter Ferne und in dem Baume Wohnung nehmen, seine zahlreiche Nachkommenschaft aber das öde Land auf's neue bevölkern und fortan in seligem Frieden und Wohlstand besitzen (Neuenhammer). Der Baum, den niemand nennen kann, muß bleiben , bis alles zugrunde geht (Erbendorf). [25]

Hernach aber kommen neue reiche Menschen und alle armen Menschen sind tot [26].

 

Die Prophezeiungen der Edda wissen vom letzten Kampf auf dem Schlachtfeld Wigrid, in der Nähe des Weltbaumes zu berichten, der Weltesche, die den Weltenbrand überstehend und in sich ein einziges Menschenpaar, Lif und Lifthrasir, verborgen hält. Dieses Menschenpaar ist auserwählt, ein neues glücklicheres Geschlecht zu begründen, gleichwie der Hirt im kalten Baum.

 

Anton Wurzer weiß im Zusammenhang mit der Entstehung des kalten Baumes ebenfalls von einer Verbindung zum hohen Norden zu berichten [27]:

 

"Da ist vor 1000 Jahren, so heißt es, aus dem hohen Norden her ein bärtiger Fuhrmann gekommen, auf einem zweirädrigen Karren, vor dem sieben mächtige Ziegenböcke liefen, und hat auf seinem großkrempigen Hute ein Zweiglein mitgebracht, das er hier in den Boden stieß - ein Reis, von einem Baume gebrochen, den niemand kennt."

Wurzer fährt im Anschluss an die große Schlacht fort:

"Aber dann wird wiederum aus dem hohen Norden, aus der Heimat des Baumes, ein Hirte kommen, ein Weib mitbringen und im Baume seine Behausung aufschlagen. Seine Kinder und die Kindeskinder aber werden sich ausbreiten und ein neues Menschengeschlecht zeugen, friedlich und glücklich bis zum Untergang der Welt. Bis dahin muß der Baum bleiben; erst wenn alles zugrunde geht und die Welt und die Sterne aufeinanderstürzen und sich zerschmettern, wird auch er fallen. Doch das hat noch Zeit; denn das Letzte der Dinge ist erst nahe, wenn die Menschen nicht mehr auswachsen können, wenn sie so klein bleiben, daß ihrer sechs in einem Backofen zu dreschen vermögen."

 

Der Kalte Baum als Ableger Yggdrasils, der Welten-Esche? Merkwürdig bleibt auf jeden Fall der Zusammenhang mit den Weissagungen des Eddaliedes.

 

Ebenfalls von Krieg, Tod, Weltuntergang und der steten Hoffnung auf einen friedvollen, aber stets gefährdeten Neubeginn weiß eine merkwürdige Sage zu berichten, die Schönwerth aus Lind (Ober- und Unterlind bei Vohenstrauß), nahe am "kalten Baum" überliefert bekam [28]:

 

"Im Anfang, ehe Sonne und Mond waren, herrschte der Tod auf der Welt. Als aber diese beiden Gestirne erschienen und herangewachsen waren, vertrieben sie den Tod unter die Erde. Doch nun erwürgte er von da aus alles, was Sonne und Mond erzeugten, worüber es zum Streite kam, daß fast die ganze Welt zu Grunde ging und die Sündflut hereinbrach. Nun trugen die Riesen steinerne Stühle  auf den Bergen zusammen, setzten sich darauf und hielten Rat. Und sie fanden kein Ende, bis nicht das weiße Wiesel aus dem Berge hervorkroch und ihnen die Augen beleckte. So wurden sie einig, Sonne und Tod vor sich zu entbieten. Der letztere aber wollte dem Spruche sich nicht fügen, denn als Mann habe er ohnehin Recht gegenüber einem Weibe. Darüber entbrannte der Streit auf's Neue. Die Riesen aber erzürnten und ergriffen den dickleibigen Tod und rissen ihm fast alles Fleisch vom Leibe. Seitdem ist er so mager. Darum erbarmte sich die Sonne und warf ihm ihren dunklen Schleier zu, sich zu bedecken und vor den Riesen zu verbergen. Seitdem aber trägt der Tod den Schleier der Sonne und wirft die Sonne dunkle Schatten."

 

Ein steiler Felsen unterhalb des kalten Baumes, nahe bei der kleinen Ortschaft Obernankau, mit großartiger Aussicht über das hier tief eingeschnittene Pfreimdtal trägt den Namen Riesensessel.

 

Des Kalten Baumes  wahres Alter bleibt uns immer noch  verborgen, viele Stürme sind über ihn und seine Vorgänger hinweggezogen, viele Schlachten wurden seitdem geschlagen. Das Blut, das dabei floss, hätte in Bächen zusammengefasst, sicher im Tal der Lerau die Mühle bei Lind antreiben können.

 

Die Sagen und Mythen scheinen auf Ereignisse hinzuweisen, die sich in der Vergangenheit schon erfüllt haben. Die Erwähnung des gepanzerten Ritters und des wiederauferstehenden Kaisers weisen in die Zeit des Mittelalters zurück. Aber die Sehnsucht nach Frieden und Neubeginn, die immer wieder zum Ausdruck kommt, lässt die Sagen zeitlos werden.

 

In der Zeit des Mittelalters muss auch die folgende Sage ihren Ursprung haben. Für die historische Einordnung interessant ist hierbei die Tatsache, dass Leuchtenberger Landgrafen sowohl Kaiser Friedrich Barbarossa auf seinen italienischen Feldzügen als auch Kaiser Friedrich II. 1228 auf seinem Kreuzzug begleiteten.

 

In mehr oder weniger langer Form ausgeführt und dichterisch verfremdet, lässt sich die Geschichte in verschiedenen Romanen und Erzählungen nachlesen, so in Hans Bäumlers "Liebe und Tod zu Leuchtenberg" [29]. Ebenso erscheint die rührende Liebesgeschichte in dem Roman "Der Archivar" von August Sperl (1920).

 

Das eingemauerten Burgfräulein [30]

 

"In der Burg zeigt man eine alte Mauernische; der Landgraf ließ da die eigene Tochter einmauern, weil sie von einem Knappen zu Fall gekommen war; den Buhlen aber hingen sie an der Stelle auf, wo jetzt der kalte Baum steht; gerade gegenüber dem Fenster, hinter welchem das Fräulein seiner Ehre Verlust beweinen mußte. Der kalte Baum ward nach der Strafvollziehung gepflanzt: seitdem geht dort der Wind bei Tag und Nacht".

 

Nach einer anderen Version soll der Landgraf seine Tochter, die mit ihrem "Buhlen" - des Grafen Knecht - entflohen war, an der Stelle eingeholt und mit eigener Hand erstochen haben.

Das Steinkreuz beim kalten Baum wird heute noch im Volksmund mit der Hinrichtung des Hirten, der sich in die Tochter des Leuchtenberger Landgrafen verliebt hatte, in Verbindung gebracht.

 

Ein strenger Vater, eine liebliche Tochter, heimliche Liebe, "goldene Träume der Sehnsucht" im Schatten der Linde, ein junger Schäfer, oder wars ein Edelknabe, ein trauriges Ende - Eduard von Schenk, von 1831 bis 1841 Regierungspräsident der Oberpfalz, fand

sehr poetische Zeilen [31]:

 

Der kalte Baum

 

Schloß Leuchtenberg gegenüber

Da steht ein alter Baum

Auf einem hohen Berge,

Der heißt der kalte Baum.

 

Ich ging am Baum vorüber,

Ein Hirt im Schatten saß,

Indes die Herde suchte

Nach spärlich dürrem Gras.

 

Die Sonne glüht im Scheitel,

Die Luft ist kühl und klar,

Doch weht es in den Zweigen

Und in des Hirten Haar.

 

Und als ich in den Schatten

Des alten Baumes trat,

Da packt's mich kalt und schaurig,

Wie wenn der Winter naht.

 

Es rauscht in seinen Ästen

Wie rauher Nordwinds-Sturm,

Und unter ihm ist's frostig,

Dumpf wie im Kerkerturm.

 

Es heulet durch die Blätter

Wie wilder Wahnsinnslaut,

Und unten scheint die Erde

Von Tränen feucht betaut.

 

"Warum" - frug ich den Hirten -

"Tobt hier des Sturmes Wut,

Da rings auf Wald und Hügeln

Die tiefste Stille ruht?"

 

"Seht Ihr das Schloß, das drüben

Auf steilem Felsen hangt?

Jetzt stehn nur öde Trümmer,

Wo Leben einst geprangt.

 

Es haben dort die Grafen

Von Leuchtenberg gehaust,

Von dort aus oft wie Adler

Die Gaue rings durchsaust.

 

Und eines Grafen Tochter

Liebt einen Edelknecht,

Der Liebe folgte Sünde,

Die Sünde ward gerächt.

 

Der Vater riß den Knappen

Aus süßem Liebestraum,

Ließ töten ihn, begraben

Hier unter diesem Baum.

 

Der Vater warf die Tochter

In jenen finstern Turm,

Allein mit ihrem Jammer,

Bei Kälte, Nacht und Sturm.

 

Und als der nächste Morgen

Rot angebrochen kaum,

Schwang sie sich auf zum Fenster

Und sah nach diesem Baum.

 

Und rief: „Verflucht auf ewig

Sei, Baum, dein Blätterdach,

Weil unter dir mein Vater

Den Liebsten mir erstach!

 

Wenn all die andern Bäume

In Sonnenwärme ruh'n,

Kalt sollst du ewig bleiben

Wie mein Geliebter nun!

 

In dir soll immer schauern

Das Grauen einer Gruft,

Kalt sollst du ewig bleiben

Wie meines Kerkers Luft!

 

In dir soll's immer sausen

So stürmisch wie mein Schmerz,

Kalt sollst du ewig bleiben

Wie meines Vaters Herz!"

 

So fluchte diesem Baume

Das Fräulein Tag für Tag,

Bis endlich sie des Kerkers,

Des Herzens Qual erlag.

 

Und seitdem weht's hier frostig,

Wenn heiß das ganze Land,

Und wird der Baum für immer

Der "kalte Baum" genannt. -

 

Als nun der Hirt geendet,

Rauscht's auf mit neuem Sturm;

Ich aber blick' hinüber

Zum Leuchtenberger Turm.

 

Mir war's als säh' am Fenster

Das Fräulein ich noch steh'n,

Als hört' ich ihre Flüche,

Als säh' ich sie vergeh'n.

 

Schnell trat ich weg vom Baume

In warmen Sonnenstrahl

Und stieg, das Herz entlastet,

Hinab ins stille Tal

 

Die folgende Sage [32], schließt lückenlos an und mag für viele "Fischerbergüberquerer" interessant sein:

 

Der Teufelsstuhl [33]

 

Auf dem Weg von Weiden nach Theisseil sieht man auf dem Fischerberg einen Felsen, den Teufelsfelsen oder Teufelsstuhl. Von diesem wird erzählt:

An demselben Tage, an dem das Burgfräulein von Leuchtenberg eingemauert wurde, fuhr um 5 Uhr früh ein Fuhrmann von Theisseil nach Weiden. Als er die Hälfte des Weges hinter sich hatte, kam ein Mann, dunkel gekleidet, mit spitzem Kinn, großen schwarzen Augen und Geißfüßen auf ihn zu und fragte: "Hab ich noch Zeit, eine Mahlzeit einzunehmen? Ich muß bis 8 Uhr in Leuchtenberg sein und jetzt ist es 5 Uhr!" Der Fuhrmann erkannte sofort die Gestalt und erwiderte: "Wenn sie über Stock und Stein laufen können, sind sie in einer halben Stunde dort, über Vohenstrauß brauchen sie 4 Stunden und über Bechtsried 2 1/2 Stunden". Der Fremde bedankte sich und verschwand. Der Fuhrmann trieb, so schnell er konnte, die Pferde an und fuhr davon. Bevor er an das untere Stadttor Weidens kam, trat ein reizendes Mädchen auf ihn zu und fragte: "Wie weit ist nach Leuchtenberg?" - "Wenn sie laufen, sind sie in 2 1/2 Stunden droben." - "Danke", sagte das Mädchen und eilte hurtig weiter. - Um 3/4 8 Uhr kam das Mädchen, das ein Engel war und die Seele des Burgfräuleins holen sollte, in Leuchtenberg an, als eben der Teufel vom Teufelsbutterfaß, wo er eine Mahlzeit zu sich genommen hatte, abging und erst nach 9 1/4 Uhr in Leuchtenberg ankam. Inzwischen war aber die Seele des Burgfräuleins schon gerettet. - Der Teufel, über die Narretei sehr erbost, lief wieder zurück zum Teufelsstuhl und wartete auf den Fopper, um sich zu rächen. Den ganzen Tag über lauerte er schon. Aber der Bauer kam nicht, obgleich die Nacht nahte. Als die Glocken von Weiden 12 schlugen, hörte der Teufel einen Peitschenknall. Er guckte auf und erkannte den Fuhrmann. Er wollte nun von seinem Sitz weg, aber er konnte nicht, weil er wegen seiner Leichtsinnigkeit auf zwei Tage zur Strafe von Luzifer auf den Felsen gebannt war und nur durch Zurufen  des Wortes "Lügner" vermochte er sich zu rächen. Seit dieser Zeit kann man jede Nacht um 12 Uhr vom Teufelsfelsen herab den Ruf "Lügner" hören.

 

Der "ruhelose Landgraf" dagegen, den O.E. Breibeck [34] als den gestrengen Vater identifiziert, scheint einen anderen historischen Hintergrund zu haben. So entnahm I. Wagner den Akten des Hauptstaatsarchivs München, dass der Leichnam des Landgrafen Rudolph Philipp (+ 1633) bis zur Überführung nach Pfreimd sechs Jahre lang unbeerdigt in einer Prager Kirche blieb und den dortigen Kirchendienern großen Schrecken einflößte, "weil sich seine Seele mit Klagen vernehmen ließ". Erst nach Lesung von heiligen Messen sei es besser geworden.

 

Ein anderer "ruheloser Leuchtenberger Landgraf" wird mit dem schon genannten Pfrentschweiher in Verbindung gebracht. Zunächst wieder der historische Hintergrund: 1362 erteilte Kaiser Karl IV. den Landgrafen Ulrich und Johann von Leuchtenberg die Erlaubnis, einen Weiher anzulegen. Der Weiher, 1 1/2 Stunden lang und 1/2 stunde breit (strammer Fußmarsch , wurde nicht bloß der Fischzucht und Bewässerung des umliegenden Landes wegen angelegt, sondern sollte vor allem als Stausee für die vielen an der Pfreimd gelegenen Hammerwerke und Mühlen dienen. Von 1840 ab begann die Trockenlegung des Weihers, der einstmals im Mittelalter der größte künstliche Stausee Bayerns gewesen war.

 

Der Teufel baut den Pfrentschweiher [35]

 

Ein Edelmann ließ durch seine Fronbauern bei Pfrentsch einen großen Fischweiher anlegen. Als die Arbeit zu schwierig wurde, musste der Teufel helfen. Das Werk gelang, und bei Pfrentsch und Waidhaus erstreckte sich ein großes und schönes Gewässer. Nach einigen Jahren wollte der Teufel seinen Lohn, die Seele des Edelmannes. Der Edelmann floh auf seinem Pferd und ritt immer um den Pfrentschweiher herum. Der Teufel raste hinter ihm her und warf mit glühenden Ketten nach ihm, traf ihn jedoch nicht. Noch heute sieht man die Spuren, welche die Ketten am Weiher in den Boden gerissen haben.

 

Bei Schönwerth liest sich die Sage folgendermaßen [36]:

 

Als der Landgraf von Leuchtenberg den Pfrentschweiher graben ließ, mussten seine Untertanen in hartem Frondienste arbeiten, und manche gingen davon in Hunger und Elend zugrunde. Umsonst wurde der Graf gebeten, der Armut zu schonen, vergebens war jede Warnung. Kaum war der große Teich vollendet, so umritt er ihn voll Freude zu mehreren Malen; dieses tat er öfter: aber man sah ihn auch reiten, wenn er zu Hause im Schlosse saß. Nach seinem Tode ging die Reiterei erst recht an. Bald war es der Graf selbst, bald nur sein Schatten oder sein Hund, und hinterher lief der Teufel und schlug mit schweren Eisenketten um sich, dass Glieder, oft sechs bis acht Pfund schwer, davonflogen.

 

Die verwunschene Stadt [37]

 

Der Pfrentschweiher reichte von Roßhaupt über Waidhaus, Dianaberg bis Pfrentsch. Auf dem Grunde des Weihers soll eine verwunschene Stadt liegen. Der Erbauer des Gewässers ließ nie den See abfischen, so soll es nur so von Fischen in dem Weiher gewimmelt haben. In ihm soll auch ein riesiger verwunschener Fisch geschwommen sein, der trug um den Hals ein goldenes Band mit dem goldenen Schlüssel der Stadt.

Einmal stand ein Mann am Trueck (?), einem Bach, der sich in den Pfrentschweiher ergießt. In diesem Bach lag schräg ein bemooster Baumstamm. Der Mann wollte den Baumstamm als Brücke benutzen und hatte gerade draufgetreten. Da hat der Baumstamm einen Schnalzer gemacht, sich gedreht und ist davongeschwommen. Das war der verwunschene Fisch im Pfrentschweiher.

Einmal hatten sie ihn gefangen und zogen ihn, weil er so schwer war, auf dem Wasser fort. Er trug einen Bund Schlüssel im Rachen. Als aber die Fischer erstaunt riefen: "Wir sehen schon die Turmspitzen der Stadt!" zerriss das Netz und der Fisch war verschwunden. [38]

 

Der Kaiser im Frauenberge (Pfraumberg) [39]

 

Im Pfrentschweiher ist ein großer Fisch, so alt, dass er ganz mit Moos überwachsen ist. Um den Hals trägt er ein goldenes Band, da stehen geheimnisvolle Schriftzeichen drauf, die niemand zu lesen vermag; im Munde führt er einen Ring von Gold und einen gleichen Schlüssel, in ihrer Form von der heutigen abweichend. Das sah ein Sonntagskind einst bei Vollmond. Wäre der Mond an einem Frauentage voll gewesen, so hätte der Fisch an das alte Schloss schwimmen und Ring und Schlüssel der Frau Edd (?) zu Füßen legen müssen. Denn Ring und Schlüssel gehören der Frau Edd, und diese wäre dann gekommen und hätte das Sonntagskind genommen und auf den Frauenberg (Pfraumberg) geführt, wo mitten im Felsen ein großer Edelstein zu Tage geht. Dort hätte sie mit dem Schlüssel das Tor zur Burg geöffnet, und der Kaiser wäre dann herausgegangen, um die Schlacht zu schlagen am kalten Baum.

 

Mit dieser aus Waidhaus überlieferten Erzählung, die sich in Schönwerths unerschöpflichem Sagenschatz der Oberpfalz findet, schließt sich wieder der Geschichtenkreis unter dem kalten Baum

 

"Ein kalter Wind streicht um den Baum; es fröstelt uns, und wir wollen rasch vorübergehen", schreibt August Sperl in seinem "Archivar".

 

Einst eines der Wahrzeichen der Oberpfalz, wird er heute fast nicht mehr wahrgenommen. Zu schnell fließt der Verkehr vorbei, nur wenige haben Zeit zum Verweilen. Die Sagen, Legenden und Mythen werden kaum noch weiter erzählt, seine Bedeutung als geschichtliches Denkmal ignoriert und angezweifelt.

 

Trotzdem zählt der alte Riese sicher mit Recht zu den interessantesten und auch "merkwürdigsten" Bäumen unserer Heimat - ein lohnendes Ziel für heimatkundliche Streifzüge.

 

 

 


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[1] Schönwerth: Aus der Oberpfalz III, 1869, S. 339f

[2] Leucht. Gerichtslit. Nr. 58 im H.-St. Archiv München, laut Wagner

[3] Staatsarchiv Amberg, L 4932 Nr. 51, laut J. Betz in "100 Jahre BLLV, Vohenstrauß 1962

[4] Die Oberpfalz, S. 60

[5] K. Ochantel, 60 Jahre OWV Vohenstrauß, S. 83 f.

[6] Schönwerth III, S. 181

[7] R. H. Schmeissner, Steinkreuze in der Oberpfalz, 1977, S.186

[8] Schönwerth III, S. 164

[9] Hardt, Das Steinkreuz, 1961, S. 15

[10] Die Oberpfalz, 1935, S. 307

[11] 100 Jahre FFW Oberlind, 1981

[12] Schmeissner, s. o., S. 188

[13] Schönwerth III, S. 117

[14] Schönwerth III, S. 119

[15] BFO 1981, S. 39

[16] Alexander Schöppner, Sagen aus Bayern, Süddeutscher Verlag, München 1979, S. 127 f.

[17] Schönwerth, Aus der Oberpfalz III, S. 342 f.

[18] Heimat und Wandern, 71/1983

[19] Leuchtenberg in Geschichte und Sage, Weiden

[20] Schönwerth III, S.343

[21] alle Schönwerth III, S. 331 f.

[22] Bavaria I, 1, 219

[23] Schönwerth III, S. 340 f.

[24] "Die Oberpfalz", 1907, S. 94

[25] Schönwerth III, S. 341

[26] I. Wagner, Leuchtenberg in Geschichte und Sage, Eichstätt 1974, S. 26

[27] Der Oberpfälzer Wald um Vohenstrauß, 1969 u. a., siehe auch

In der Nummer 3 der Monatszeitschrift "Volkskunst und Volkskunde" von 1907 wird auf die Sage von Schönwerth hingewiesen, die sich auf den Kalten Baum als Schlachtenbaum bezieht. In der gleichen Zeitschrift sieht der Forscher Axel Olrik aus Kopenhagen ebenfalls  eine Verbindung zur "Edda", dem Lied vom alten Riesen Wafthrudir. Darin wird von einem ungeheuerem Winter erzählt, in dem alle Menschen zugrunde gehen, einem Menschenpaar, Lif und  Lifthrasir, das sich versteckt, dem Tode entrinnt und ein neues Menschengeschlecht begründet.

[28] Schönwerth III, S. 9

[29] Heimatkundliche Beilage der Oberpfälzer Nachrichten 9/1981

[30] Schönwerth II, S. 443

[31] "Die Oberpfalz", 1907

[32] "Heimatbuch des Landkreises Neustadt a.s. Waldnaab", Kallmünz, 1960

[33] H. Werzinger, "Die Oberpfalz", 1909

[34] Heimat und Wandern, 71/1983)

[35] Ulrich Benzel: Märchen, Legenden und Sagen aus der Oberpfalz, Laßleben Kallmünz 1978, S. 31, 1950 aufgezeichnet von Franz Wouda, Schneidermeister, Waidhaus

[36] Schönwerth II, S. 444

[37] Ulrich Benzel: Märchen, Legenden und Sagen aus der Oberpfalz, Laßleben Kallmünz 1978, S. 32, 1950 aufgezeichnet von Josef Salfer, Tischler, Roßhaupt/Lollar, in Waidhaus gehört

[38] Schönwerth III, S. 357

[39] Schönwerth III, S. 356 f.

 

   
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