O.
E. Breibeck
bringt die unselige, grausame Mutter in Verbindung mit anderen Sagen, die sich
um die Geschichte der Burg Leuchtenberg ranken. So glaubt er, in ihr
die weiße Jungfrau zu erkennen, die man oft zur Mittagsstunde auf der
Burgmauer sitzen und stricken sehen könne, wobei die silbernen Nadeln weithin
in der Sonne glänzten. Sie stricke dann an einem Totenhemd. Des weiteren
ordnet er ihr den feuerspeienden, schwarzen Pudel zu, der im großen,
stockfinsteren Keller unterhalb der Dürnitz sein Unwesen treibe.
Jede
Sage enthält auch ein Körnchen Wahrheit, das sich trotz vielmaliger mündlicher
Überlieferung gehalten hat. Nur, wie lässt sich diesem Körnchen auf die
Spur kommen?
Illuminatus
Wagner liefert dazu eine verblüffende Parallele, auf die auch Schönwerth
hinweist, und die mögliche historische Auflösung:
Die
weiße Frau
Eine
junge verwitwete Gräfin von Orlamünde war in heißer Leidenschaft zu dem
Burggrafen Albrecht dem Schönen entbrannt. Der wäre einer Heirat auch nicht
abgeneigt gewesen, wenn nicht - wie er der Witwe wissen ließ - 4 Augen im
Wege gestanden hätten. Die Gräfin bezog das auf ihre beiden kleinen Kinder
und stieß ihnen eine Nadel ins Gehirn. Doch diese grausige Tat war umsonst;
der Burggraf heiratete entsetzt eine andere und die Kindsmörderin ließ er
lebenslänglich einsperren. - Nach einer anderen Version rutschte die Gräfin
von Reue erfasst drei Stunden Weg über Berg und Tal von der Plassenburg ins
Kloster Himmelskron zu den Särgen der Ermordeten. Als sie dort keine Ruhe
fand, pilgerte sie ganz zerknirscht zum Papst nach Rom und erwirkte sich die
Absolution, indem sie versprach ein Kloster zu gründen. Nach Deutschland zurückgekehrt,
stiftete sie das Kloster Himmelsthron, zog sich aber nach Himmelskron zurück,
wo sie starb und begraben liegt. Ihr Grabstein zeigt ihr Bild mit dem Schwert
zur Seite, das sie eigentlich für ihre Missetat verdient hätte. - Wenn im
Hause Hohenzollern ein Todesfall oder ein Unheil bevorsteht, zeigt sich die Gräfin
in irgend einem der Schlösser weiß angetan, mit Schleier und nach Nonnenart
verbundenem Untergesicht, schwarzen Handschuhen, den Schlüsselbund zur Seite
und ein Gebetbuch in der Hand .
Den
geschichtlichen Hintergrund erläutert I. Wagner folgendermaßen:
Kunigunde,
Tochter des Landgrafen Ulrich I. von Leuchtenberg, wurde im Jahre 1321 mit dem
Grafen Otto von Orlamünde verheiratet, welcher 1340 kinderlos starb. Die
Witwe entsagte im Jahr darauf den irdischen Freuden, stiftete im neuerbauten
Spital zu Nürnberg ein Zisterzienserinnenkloster, nahm selber den Schleier
und siedelte 1348 mit dem Kloster nach Gründlach über. Dieses Kloster hieß
Himmelsthron. Dort starb sie als 3. Žbtissin im Jahre 1382.- Burggraf
Albrecht der Schöne heiratete auf Betreiben von Bruder und Schwägerin (die
"4 Augen") Sophie von Henneberg.
Im
Anschluss an die Sage von der verblendeten Gräfin geht es bei Schönwerth
eher mythisch weiter:
Als
Geist wandert die Gräfin um ihr Grab und um den Baum: daher der stete Wind,
der hier geht. Und so lange hat sie nicht Ruhe vor des Grafen Fluch, bis nicht
der Deutsche Kaiser, der aus der Oberpfalz aufstehen wird, die Schlacht schlägt
gegen die Türken, in welcher das Blut bis an die unteren Zweige des Baumes
steigen muss. Darum hat der Baum nicht seinesgleichen im Lande und keinen
Namen, weil er aus der Ferne stammt."
In
diesem Zusammenhang sind auch die Prophezeiungen und Vorzeichen interessant,
die auf die letzte Schlacht am kalten Baum, auf das Ende dieser Welt hinweisen
sollten. In der letzten Not hoffte man auf einen mächtigen Helfer im Kampfe
gegen den Antichrist. Für den Oberpfälzer ruhte dieser Fürst im
Fichtelgebirge, im Innern des Ochsenkopf oder auch im nahegelegenen Pfraumberg
und wartete auf die Entscheidung am kalten Baum, nach der eine neue Zeit voll
seligen Friedens beginnen sollte.
Vorzeichen
und Prophezeiungen
Aus
Waldkirch wird von Schönwerth der
Glaube überliefert, dass die Schlacht am kalten Baum geschlagen und damit das
Ende komme, wenn einmal das Holz so abgetrieben sei, dass nur mehr Blößen
dastünden.
Ehe
aber alles das geschieht, ist der katholische Glaube so klein geworden, dass
er mit seinen sieben Anhängern unter dem kalten Baum ruhen kann (Erbendorf).
Wenn
die Bauern lange Hosen tragen, die Wägen ohne Rosse gehen (Neuenhammer) -
wenn Samt und Seide in den Stall gehen - wenn die Bauernmädchen ohne Kopftuch
zur Arbeit kommen - oder in Strümpfen und Schuhen zur Kirche ziehen, statt
sie wie bisher auf dem Wege in der Hand zu tragen und erst vor der Kirche
anzulegen - mehr uneheliche als eheliche Kinder geboren werden - wenn die Welt
eisern wird, d. h. mit Eisenbahnen überzogen ist - so sind dieses die
Vorboten des Endes.
Wenn
der Wald gepflanzt wird von Menschenhänd, wird es bald gehen zu einem End .
Vom
Ochsenkopf im Fichtelgebirge wird folgende Sage erzählt:
"In
einem Kristallsaal voll Gold- und Silberschmuck, im Glanze der edlen Gesteine,
die in Reihen wie die Zwiebelstränge funkeln, schläft Karl der Große mit
seinen Mannen und wartet auf den Kampf mit dem Antichristen. Wenn sein Bart
siebenmal um die Tischplatte gewachsen sein wird, dann ist die Zeit erfüllt.
Er wird mit seinen Reisigen aus der Tiefe empor steigen, um den Christen zum
Sieg zu verhelfen. Das wird auch notwendig sein, denn um diese Zeit werden die
Christen so zusammengeschmolzen sein, daß sie unter eines Baumes Schatten
essen können. Nach dem Sieg des Kaisers kommt der Weltuntergang ."
Auch
die Weiße Frau treffen wir wieder an, Sibylla Weiß, jene große
Seherin, die im Fichtelgebirge auf einem Kreuzweg zum Ochsenkopf begraben sein
soll.
Schönwerth
schreibt :
Sibylla
Weis hat ihn gepflanzt, den Baum, den niemand kennt, und gleich einer Vala
(Seherin) von ihm ausgesagt, daß, wenn einst sein Ast stark genug sein wird,
um einen Reiter im Harnisch mit samt dem Rosse zu tragen, die Feinde aus Ost
und West in zahllosen Heersäulen hier zusammen treffen werden. Dann werden
sie sich eine Schlacht liefern, und bis zur Mitternachtsstunde soll das Würgen
währen, wovon so arges Blutvergießen gegen Norden hin entsteht, daß es die
Mühle im Tale bei Lind treibt. Davon heißt der Baum auch Schlachtenbaum. Die
Rosse der Türken aber werden den Boden bedecken, so weit das Auge reicht und
den Greuel einer Pest verbreiten, wie sie die Welt noch nicht gesehen. Alles
Volk und Vieh fällt ihr zum Opfer.
Aus
Tännesberg wird außerdem noch überliefert,
"daß
der letzte derselben (Türken) von einem Weibe mit der Schürgabel oder einem
Scheite Holz erschlagen werden soll".
Diese
Schlacht gegen die Türken machte Fr. Xav. Müller, von 1839 bis 1855
Stadtpfarrer von Schwandorf zum Gegenstand des folgenden Gedichtes :
Der
kalte Baum von Vohenstrauß
Auf
der Höh' voll scharfer Winde,
Auf
dem Hügel frostig kalt,
Schlummert
unter starrer Linde
Sepple,
sieben Jahre alt.
Böser
Träume böse Bilder
Senken
sich zu ihm herab,
Waffenlärm
und Lanz' und Schilder,
Schlacht
und Mord und offnes Grab.
Auf
der Straße weißem Streifen
Zieht's
wie Wolken schwer heran,
Und
aus Trommeln, Pauk' und Pfeifen
Hebt
sich stolz die Kreuzesfahn'.
Vor
dem Herzen Eisenschienen,
Gitter
vor dem Angesicht,
Nahen
sie, wie Schwärme Bienen,
Und
der Baum wird's Hochgericht.
Von
dem Wald auf schnellem Rosse
Stürzen
andre Krieger her,
Pfeil
und Bogen ihr Geschosse,
Krumme
Säbel ihre Wehr.
Um
das Haupt nur weiße Binden,
Um
die Brust nur leichtes Kleid,
Sprengen
sie, den Feind zu finden,
Rasch
hervor aus grüner Heid'.
Und
ein Roßschweif auf der Stange
Und
ein Halbmond ist's Panier,
Und
beim hellen Hörnerklange
Schrein
sie "Allah!" donnernd schier.
Und
zum Baume drängt sich alles,
Kreuz
und Halbmond zieht daher,
Und
es stürzen blut'gen Falles
Tausende
mit blanker Wehr.
Und
die Reih'n der Allah Krieger
Mäht
des Kreuzheers schwerer Stahl,
Und
der wutentflammte Sieger
Jagt
sie über Berg und Tal.-
Und
der Knab' erwacht voll Schrecken,
Sucht
des Vaters stillen Herd
Und
erzählt von Roß und Recken
Und
von Fahnen, Pfeil und Schwert.
Und
der Vater, ernst und stille,
Wischst
sich manche Trän' beiseit',
Sprichst
im Geiste der Sybille:
"So
wird's kommen mit der Zeit.
Christ
und Türke wird sich schlagen,
Wie
du's sahst im wüsten Traum,
Und
das Kreuz wird siegend ragen
In
der Schlacht am kalten Baum.
Kann
auf jetzt noch schwankem Zweige
einstens
Roß und Reiter steh'n.
Wird
es hier zur blut'gen Neige
Mit
dem bleichen Halbmond geh'n!"
Bei
Schönwerth geht es dann eher mythisch weiter, wobei auch ein Vergleich zur
"Edda" nicht gescheut wird:
Zuletzt
wird ein Hirt heranziehen aus weiter Ferne und in dem Baume Wohnung nehmen,
seine zahlreiche Nachkommenschaft aber das öde Land auf's neue bevölkern und
fortan in seligem Frieden und Wohlstand besitzen (Neuenhammer). Der Baum, den
niemand nennen kann, muß bleiben , bis alles zugrunde geht (Erbendorf).
Hernach
aber kommen neue reiche Menschen und alle armen Menschen sind tot .
Die
Prophezeiungen der Edda wissen vom letzten Kampf auf dem Schlachtfeld Wigrid,
in der Nähe des Weltbaumes zu berichten, der Weltesche, die den Weltenbrand
überstehend und in sich ein einziges Menschenpaar, Lif und Lifthrasir,
verborgen hält. Dieses Menschenpaar ist auserwählt, ein neues glücklicheres
Geschlecht zu begründen, gleichwie der Hirt im kalten Baum.
Anton
Wurzer weiß im Zusammenhang mit der Entstehung des kalten Baumes ebenfalls
von einer Verbindung zum hohen Norden zu berichten :
"Da
ist vor 1000 Jahren, so heißt es, aus dem hohen Norden her ein bärtiger
Fuhrmann gekommen, auf einem zweirädrigen Karren, vor dem sieben mächtige
Ziegenböcke liefen, und hat auf seinem großkrempigen Hute ein Zweiglein
mitgebracht, das er hier in den Boden stieß - ein Reis, von einem Baume
gebrochen, den niemand kennt."
Wurzer
fährt im Anschluss an die große Schlacht fort:
"Aber
dann wird wiederum aus dem hohen Norden, aus der Heimat des Baumes, ein Hirte
kommen, ein Weib mitbringen und im Baume seine Behausung aufschlagen. Seine
Kinder und die Kindeskinder aber werden sich ausbreiten und ein neues
Menschengeschlecht zeugen, friedlich und glücklich bis zum Untergang der
Welt. Bis dahin muß der Baum bleiben; erst wenn alles zugrunde geht und die
Welt und die Sterne aufeinanderstürzen und sich zerschmettern, wird auch er
fallen. Doch das hat noch Zeit; denn das Letzte der Dinge ist erst nahe, wenn
die Menschen nicht mehr auswachsen können, wenn sie so klein bleiben, daß
ihrer sechs in einem Backofen zu dreschen vermögen."
Der
Kalte Baum als Ableger Yggdrasils, der Welten-Esche? Merkwürdig bleibt auf
jeden Fall der Zusammenhang mit den Weissagungen des Eddaliedes.
Ebenfalls
von Krieg, Tod, Weltuntergang und der steten Hoffnung auf einen friedvollen,
aber stets gefährdeten Neubeginn weiß eine merkwürdige Sage zu berichten,
die Schönwerth aus Lind (Ober- und Unterlind bei Vohenstrauß), nahe am
"kalten Baum" überliefert bekam :
"Im
Anfang, ehe Sonne und Mond waren, herrschte der Tod auf der Welt. Als aber
diese beiden Gestirne erschienen und herangewachsen waren, vertrieben sie den
Tod unter die Erde. Doch nun erwürgte er von da aus alles, was Sonne und Mond
erzeugten, worüber es zum Streite kam, daß fast die ganze Welt zu Grunde
ging und die Sündflut hereinbrach. Nun trugen die Riesen steinerne
Stühle auf den Bergen
zusammen, setzten sich darauf und hielten Rat. Und sie fanden kein Ende, bis
nicht das weiße Wiesel aus dem Berge hervorkroch und ihnen die Augen
beleckte. So wurden sie einig, Sonne und Tod vor sich zu entbieten. Der
letztere aber wollte dem Spruche sich nicht fügen, denn als Mann habe er
ohnehin Recht gegenüber einem Weibe. Darüber entbrannte der Streit auf's
Neue. Die Riesen aber erzürnten und ergriffen den dickleibigen Tod und rissen
ihm fast alles Fleisch vom Leibe. Seitdem ist er so mager. Darum erbarmte sich
die Sonne und warf ihm ihren dunklen Schleier zu, sich zu bedecken und vor den
Riesen zu verbergen. Seitdem aber trägt der Tod den Schleier der Sonne und
wirft die Sonne dunkle Schatten."
Ein
steiler Felsen unterhalb des kalten Baumes, nahe bei der kleinen Ortschaft
Obernankau, mit großartiger Aussicht über das hier tief eingeschnittene
Pfreimdtal trägt den Namen Riesensessel.
Des
Kalten Baumes wahres
Alter bleibt uns immer noch verborgen,
viele Stürme sind über ihn und seine Vorgänger hinweggezogen, viele
Schlachten wurden seitdem geschlagen. Das Blut, das dabei floss, hätte in Bächen
zusammengefasst, sicher im Tal der Lerau die Mühle bei Lind antreiben können.
Die
Sagen und Mythen scheinen auf Ereignisse hinzuweisen, die sich in der
Vergangenheit schon erfüllt haben. Die Erwähnung des gepanzerten Ritters und
des wiederauferstehenden Kaisers weisen in die Zeit des Mittelalters zurück.
Aber die Sehnsucht nach Frieden und Neubeginn, die immer wieder zum Ausdruck
kommt, lässt die Sagen zeitlos werden.
In
der Zeit des Mittelalters muss auch die folgende Sage ihren Ursprung haben. Für
die historische Einordnung interessant ist hierbei die Tatsache, dass Leuchtenberger
Landgrafen sowohl Kaiser Friedrich Barbarossa auf seinen italienischen
Feldzügen als auch Kaiser Friedrich II. 1228 auf seinem Kreuzzug
begleiteten.
In
mehr oder weniger langer Form ausgeführt und dichterisch verfremdet, lässt
sich die Geschichte in verschiedenen Romanen und Erzählungen nachlesen, so in
Hans Bäumlers "Liebe und Tod zu Leuchtenberg" .
Ebenso erscheint die rührende Liebesgeschichte in dem Roman "Der
Archivar" von August Sperl (1920).
Das
eingemauerten Burgfräulein
"In
der Burg zeigt man eine alte Mauernische; der Landgraf ließ da die eigene
Tochter einmauern, weil sie von einem Knappen zu Fall gekommen war; den Buhlen
aber hingen sie an der Stelle auf, wo jetzt der kalte Baum steht; gerade gegenüber
dem Fenster, hinter welchem das Fräulein seiner Ehre Verlust beweinen mußte.
Der kalte Baum ward nach der Strafvollziehung gepflanzt: seitdem geht dort der
Wind bei Tag und Nacht".
Nach
einer anderen Version soll der Landgraf seine Tochter, die mit ihrem
"Buhlen" - des Grafen Knecht - entflohen war, an der Stelle
eingeholt und mit eigener Hand erstochen haben.
Das
Steinkreuz beim kalten Baum wird heute noch im Volksmund mit der Hinrichtung
des Hirten, der sich in die Tochter des Leuchtenberger Landgrafen verliebt
hatte, in Verbindung gebracht.
Ein
strenger Vater, eine liebliche Tochter, heimliche Liebe, "goldene Träume
der Sehnsucht" im Schatten der Linde, ein junger Schäfer, oder wars ein
Edelknabe, ein trauriges Ende - Eduard von Schenk, von 1831 bis 1841
Regierungspräsident der Oberpfalz, fand
sehr
poetische Zeilen :
Der
kalte Baum
Schloß
Leuchtenberg gegenüber
Da
steht ein alter Baum
Auf
einem hohen Berge,
Der
heißt der kalte Baum.
Ich
ging am Baum vorüber,
Ein
Hirt im Schatten saß,
Indes
die Herde suchte
Nach
spärlich dürrem Gras.
Die
Sonne glüht im Scheitel,
Die
Luft ist kühl und klar,
Doch
weht es in den Zweigen
Und
in des Hirten Haar.
Und
als ich in den Schatten
Des
alten Baumes trat,
Da
packt's mich kalt und schaurig,
Wie
wenn der Winter naht.
Es
rauscht in seinen Ästen
Wie
rauher Nordwinds-Sturm,
Und
unter ihm ist's frostig,
Dumpf
wie im Kerkerturm.
Es
heulet durch die Blätter
Wie
wilder Wahnsinnslaut,
Und
unten scheint die Erde
Von
Tränen feucht betaut.
"Warum"
- frug ich den Hirten -
"Tobt
hier des Sturmes Wut,
Da
rings auf Wald und Hügeln
Die
tiefste Stille ruht?"
"Seht
Ihr das Schloß, das drüben
Auf
steilem Felsen hangt?
Jetzt
stehn nur öde Trümmer,
Wo
Leben einst geprangt.
Es
haben dort die Grafen
Von
Leuchtenberg gehaust,
Von
dort aus oft wie Adler
Die
Gaue rings durchsaust.
Und
eines Grafen Tochter
Liebt
einen Edelknecht,
Der
Liebe folgte Sünde,
Die
Sünde ward gerächt.
Der
Vater riß den Knappen
Aus
süßem Liebestraum,
Ließ
töten ihn, begraben
Hier
unter diesem Baum.
Der
Vater warf die Tochter
In
jenen finstern Turm,
Allein
mit ihrem Jammer,
Bei
Kälte, Nacht und Sturm.
Und
als der nächste Morgen
Rot
angebrochen kaum,
Schwang
sie sich auf zum Fenster
Und
sah nach diesem Baum.
Und
rief: „Verflucht auf ewig
Sei,
Baum, dein Blätterdach,
Weil
unter dir mein Vater
Den
Liebsten mir erstach!
Wenn
all die andern Bäume
In
Sonnenwärme ruh'n,
Kalt
sollst du ewig bleiben
Wie
mein Geliebter nun!
In
dir soll immer schauern
Das
Grauen einer Gruft,
Kalt
sollst du ewig bleiben
Wie
meines Kerkers Luft!
In
dir soll's immer sausen
So
stürmisch wie mein Schmerz,
Kalt
sollst du ewig bleiben
Wie
meines Vaters Herz!"
So
fluchte diesem Baume
Das
Fräulein Tag für Tag,
Bis
endlich sie des Kerkers,
Des
Herzens Qual erlag.
Und
seitdem weht's hier frostig,
Wenn
heiß das ganze Land,
Und
wird der Baum für immer
Der
"kalte Baum" genannt. -
Als
nun der Hirt geendet,
Rauscht's
auf mit neuem Sturm;
Ich
aber blick' hinüber
Zum
Leuchtenberger Turm.
Mir
war's als säh' am Fenster
Das
Fräulein ich noch steh'n,
Als
hört' ich ihre Flüche,
Als
säh' ich sie vergeh'n.
Schnell
trat ich weg vom Baume
In
warmen Sonnenstrahl
Und
stieg, das Herz entlastet,
Hinab
ins stille Tal
Die
folgende Sage ,
schließt lückenlos an und mag für viele "Fischerbergüberquerer"
interessant sein:
Der
Teufelsstuhl
Auf
dem Weg von Weiden nach Theisseil sieht man auf dem Fischerberg einen Felsen,
den Teufelsfelsen oder Teufelsstuhl. Von diesem wird erzählt:
An
demselben Tage, an dem das Burgfräulein von Leuchtenberg eingemauert wurde,
fuhr um 5 Uhr früh ein Fuhrmann von Theisseil nach Weiden. Als er die Hälfte
des Weges hinter sich hatte, kam ein Mann, dunkel gekleidet, mit spitzem Kinn,
großen schwarzen Augen und Geißfüßen auf ihn zu und fragte: "Hab ich
noch Zeit, eine Mahlzeit einzunehmen? Ich muß bis 8 Uhr in Leuchtenberg sein
und jetzt ist es 5 Uhr!" Der Fuhrmann erkannte sofort die Gestalt und
erwiderte: "Wenn sie über Stock und Stein laufen können, sind sie in
einer halben Stunde dort, über Vohenstrauß brauchen sie 4 Stunden und über
Bechtsried 2 1/2 Stunden". Der Fremde bedankte sich und verschwand. Der
Fuhrmann trieb, so schnell er konnte, die Pferde an und fuhr davon. Bevor er
an das untere Stadttor Weidens kam, trat ein reizendes Mädchen auf ihn zu und
fragte: "Wie weit ist nach Leuchtenberg?" - "Wenn sie laufen,
sind sie in 2 1/2 Stunden droben." - "Danke", sagte das Mädchen
und eilte hurtig weiter. - Um 3/4 8 Uhr kam das Mädchen, das ein Engel war
und die Seele des Burgfräuleins holen sollte, in Leuchtenberg an, als eben
der Teufel vom Teufelsbutterfaß, wo er eine Mahlzeit zu sich genommen
hatte, abging und erst nach 9 1/4 Uhr in Leuchtenberg ankam. Inzwischen war
aber die Seele des Burgfräuleins schon gerettet. - Der Teufel, über die
Narretei sehr erbost, lief wieder zurück zum Teufelsstuhl und wartete auf den
Fopper, um sich zu rächen. Den ganzen Tag über lauerte er schon. Aber der
Bauer kam nicht, obgleich die Nacht nahte. Als die Glocken von Weiden 12
schlugen, hörte der Teufel einen Peitschenknall. Er guckte auf und erkannte
den Fuhrmann. Er wollte nun von seinem Sitz weg, aber er konnte nicht, weil er
wegen seiner Leichtsinnigkeit auf zwei Tage zur Strafe von Luzifer auf den
Felsen gebannt war und nur durch Zurufen
des Wortes "Lügner" vermochte er sich zu rächen. Seit
dieser Zeit kann man jede Nacht um 12 Uhr vom Teufelsfelsen herab den Ruf
"Lügner" hören.
Der
"ruhelose Landgraf" dagegen, den O.E. Breibeck
als den gestrengen Vater identifiziert, scheint einen anderen historischen
Hintergrund zu haben. So entnahm I. Wagner den Akten des Hauptstaatsarchivs München,
dass der Leichnam des Landgrafen Rudolph Philipp (+ 1633) bis zur Überführung
nach Pfreimd sechs Jahre lang unbeerdigt in einer Prager Kirche blieb und den
dortigen Kirchendienern großen Schrecken einflößte, "weil sich seine
Seele mit Klagen vernehmen ließ". Erst nach Lesung von heiligen Messen
sei es besser geworden.
Ein
anderer "ruheloser Leuchtenberger Landgraf" wird mit dem
schon genannten Pfrentschweiher in Verbindung gebracht. Zunächst
wieder der historische Hintergrund: 1362 erteilte Kaiser Karl IV. den
Landgrafen Ulrich und Johann von Leuchtenberg die Erlaubnis, einen Weiher
anzulegen. Der Weiher, 1 1/2 Stunden lang und 1/2 stunde breit (strammer Fußmarsch
, wurde nicht bloß der Fischzucht und Bewässerung des umliegenden Landes
wegen angelegt, sondern sollte vor allem als Stausee für die vielen an der
Pfreimd gelegenen Hammerwerke und Mühlen dienen. Von 1840 ab begann die
Trockenlegung des Weihers, der einstmals im Mittelalter der größte künstliche
Stausee Bayerns gewesen war.
Der
Teufel baut den Pfrentschweiher
Ein
Edelmann ließ durch seine Fronbauern bei Pfrentsch einen großen Fischweiher
anlegen. Als die Arbeit zu schwierig wurde, musste der Teufel helfen. Das Werk
gelang, und bei Pfrentsch und Waidhaus erstreckte sich ein großes und schönes
Gewässer. Nach einigen Jahren wollte der Teufel seinen Lohn, die Seele des
Edelmannes. Der Edelmann floh auf seinem Pferd und ritt immer um den
Pfrentschweiher herum. Der Teufel raste hinter ihm her und warf mit glühenden
Ketten nach ihm, traf ihn jedoch nicht. Noch heute sieht man die Spuren,
welche die Ketten am Weiher in den Boden gerissen haben.
Bei
Schönwerth liest sich die Sage folgendermaßen :
Als
der Landgraf von Leuchtenberg den Pfrentschweiher graben ließ, mussten seine
Untertanen in hartem Frondienste arbeiten, und manche gingen davon in Hunger
und Elend zugrunde. Umsonst wurde der Graf gebeten, der Armut zu schonen,
vergebens war jede Warnung. Kaum war der große Teich vollendet, so umritt er
ihn voll Freude zu mehreren Malen; dieses tat er öfter: aber man sah ihn auch
reiten, wenn er zu Hause im Schlosse saß. Nach seinem Tode ging die Reiterei
erst recht an. Bald war es der Graf selbst, bald nur sein Schatten oder sein
Hund, und hinterher lief der Teufel und schlug mit schweren Eisenketten um
sich, dass Glieder, oft sechs bis acht Pfund schwer, davonflogen.
Die
verwunschene Stadt
Der
Pfrentschweiher reichte von Roßhaupt über Waidhaus, Dianaberg bis
Pfrentsch. Auf dem Grunde des Weihers soll eine verwunschene Stadt liegen. Der
Erbauer des Gewässers ließ nie den See abfischen, so soll es nur so von
Fischen in dem Weiher gewimmelt haben. In ihm soll auch ein riesiger
verwunschener Fisch geschwommen sein, der trug um den Hals ein goldenes Band
mit dem goldenen Schlüssel der Stadt.
Einmal
stand ein Mann am Trueck (?), einem Bach, der sich in den Pfrentschweiher
ergießt. In diesem Bach lag schräg ein bemooster Baumstamm. Der Mann wollte
den Baumstamm als Brücke benutzen und hatte gerade draufgetreten. Da hat der
Baumstamm einen Schnalzer gemacht, sich gedreht und ist davongeschwommen. Das
war der verwunschene Fisch im Pfrentschweiher.
Einmal
hatten sie ihn gefangen und zogen ihn, weil er so schwer war, auf dem Wasser
fort. Er trug einen Bund Schlüssel im Rachen. Als aber die Fischer erstaunt
riefen: "Wir sehen schon die Turmspitzen der Stadt!" zerriss das
Netz und der Fisch war verschwunden.
Der
Kaiser im Frauenberge (Pfraumberg)
Im
Pfrentschweiher ist ein großer Fisch, so alt, dass er ganz mit Moos überwachsen
ist. Um den Hals trägt er ein goldenes Band, da stehen geheimnisvolle
Schriftzeichen drauf, die niemand zu lesen vermag; im Munde führt er einen
Ring von Gold und einen gleichen Schlüssel, in ihrer Form von der heutigen
abweichend. Das sah ein Sonntagskind einst bei Vollmond. Wäre der Mond an
einem Frauentage voll gewesen, so hätte der Fisch an das alte Schloss
schwimmen und Ring und Schlüssel der Frau Edd (?) zu Füßen legen müssen.
Denn Ring und Schlüssel gehören der Frau Edd, und diese wäre dann gekommen
und hätte das Sonntagskind genommen und auf den Frauenberg (Pfraumberg) geführt,
wo mitten im Felsen ein großer Edelstein zu Tage geht. Dort hätte sie mit
dem Schlüssel das Tor zur Burg geöffnet, und der Kaiser wäre dann
herausgegangen, um die Schlacht zu schlagen am kalten Baum.
Mit
dieser aus Waidhaus überlieferten Erzählung, die sich in Schönwerths
unerschöpflichem Sagenschatz der Oberpfalz findet, schließt sich wieder der
Geschichtenkreis unter dem kalten Baum
"Ein
kalter Wind streicht um den Baum; es fröstelt uns, und wir wollen rasch vorübergehen",
schreibt August Sperl in seinem "Archivar".
Einst
eines der Wahrzeichen der Oberpfalz, wird er heute fast nicht mehr
wahrgenommen. Zu schnell fließt der Verkehr vorbei, nur wenige haben Zeit zum
Verweilen. Die Sagen, Legenden und Mythen werden kaum noch weiter erzählt,
seine Bedeutung als geschichtliches Denkmal ignoriert und angezweifelt.
Trotzdem
zählt der alte Riese sicher mit Recht zu den interessantesten und auch
"merkwürdigsten" Bäumen unserer Heimat - ein lohnendes Ziel für
heimatkundliche Streifzüge.